DIY-Patrioten

Seit etlichen Wochen kleben im Bötzowviertel selbstgebastelte Bärgida-Aufkleber, die mich einige Zeit etwas unentschlossen zurückgelassen haben.

Krischan am

Einerseits ist der rassistische Hintergrund von Bärgida völlig indiskutabel, das ruft einem ein kurzer Blick ins Internet immer wieder ins Bewusstsein, andererseits wirken die Aufkleberchen in ihrer unbeholfenen Selber-machen-Attitüde fast schon niedlich. Da hat sich jemand Mühe gegeben, im Papierladen weiße selbstklebende Etiketten gekauft und diese mit rotem und schwarzem Filzstift beschrieben, Stück für Stück, ganz individuell und in wechselnder typografischer Gestaltung.

Süßes Bärchen. Und so underground und antimainstream im bildungsbürgerlichen grünen Prenzlberg der Besserverdiener. Dessen Bewohner alle so tolerant oder desinteressiert oder ignorant sind, dass die Dinger tatsächlich wochenlang kleben bleiben. Wen wollten die hier auch überzeugen, die postfeministischen Vollzeitmuttis oder die überversorgten Projektkinder? Andererseits tauchen neben den im Grunde eher harmlosen Slogans wie »Bär Gida« und »Gott mit uns« eindeutigere Hassparolen wie »Anti Pack« und »No Hammed« auf, letztere mit einer Zielscheibe als O. Also sehe ich mich doch immer wieder dazu genötigt, die Dinger abzuknibbeln, wenn ich sie sehe.

Damit habe ich aber in der Tat erst angefangen, als ich einen anderen Typen dabei beobachtet habe. Ein paar Wochen her. Vorm Eisladen am Arnswalder Platz. Nachmittags. Zwischen all den Muttis mit ihren Kindern. Da war ich alter Antifahase peinlich berührt und hab ich mich überwunden und auch angefangen, die Augen offenzuhalten und mit Fingernagel und Schlüsselbund zu Werke zu gehen.

Inzwischen sind die meisten weg bzw. überkritzelt oder soweit zerkratzt, dass nichts mehr zu lesen ist. Ein paar habe ich neulich noch auf der Hans-Otto-Straße entdeckt, an einer Stelle, wo ich eher selten langkomme, ziemlich weit oben an den Straßenschildern, da bin ich nur schwer rangekommen. Sie gehen auch je nach Witterung verdammt schwer ab. Andererseits ist die Tinte der Filzstifte bei den meisten schon ziemlich ausgeblichen, in ein paar Wochen sind die alle von ganz allein nicht mehr lesbar. Oder nur noch teilweise, denn der rote Stift bleicht natürlich viel schneller aus und lässt nur noch einen »Bär« zurück.

Also, liebe Leute: immer schön abpopeln die Dinger. Und immer schön auf die Demos gehen. Gegen Nazifaschos gewinnt man nicht, indem man sie ignoriert oder verharmlost, das sollten wir gelernt haben.

Krischan am 16. Oktober 2015

Neuerdings sind wieder eine Menge von den Dingern nachgewachsen, vor allem auf der Bötzowstraße, Emma und ich hatten heute mächtig zu tun, die feuchten Dinger abzupappen, aber eine mir bis dato unbekannte Sorte hab ich drangelassen, weil sie mir eine recht treffende Selbstbeschreibung der Patridioten zu sein scheint: Grütze im Hirn.

Krischan am 3. November 2015

Denkt man, dümmer gehts nicht mehr, kommt ein kleines Arschloch her: es geht nämlich tatsächlich noch dummdreister, und zwar mit einem Aufkleberchen des Wortlauts »Refu Schiess Befehl«.