Betriebsbedingt

Hab heute meine Kündigung unterschrieben.

Krischan am , 2 Kommentare

War ja eigentlich echt cool und schick und fetzig und alles. Vor sieben Jahren, als ich da angefangen habe. Nette Leute, interessante Arbeit, Kunden, für die man gerne arbeitet, schickes Büro, in das ich mit dem Rad fahren konnte, regelmäßiges gegenseitiges Bekochen zum Mittagessen, bei dem ich immer für meine Suppen gelobt wurde, ein gesponsertes verlängertes Wochenende auf Malle, pipapo. Gehalt nicht so üppig, bisschen mehr als vorher, aber immer noch weit unterhalb von dem, was angemessen wäre und auch üblich ist, aber das ist mir ja nicht wichtig, insbesondere wenn der Rest stimmt. Und der hat gestimmt.

Aber dann gings irgendwie ganz allmählich langsam immer weiter bergab. Designerin weg, weil erstmal Pause oder Weltreise, Sekretärin weg, weil noch ein Kind und Umzug in eine andere Stadt, einer der Chefs weg, weil Professur in Detmold, damit auch die Produkt-Design-Praktikanten weg, die immer lauter Lampen entworfen haben; dann eine Azubiene neu, die Teile des Designs übernommen hat, aber ehrlicherweise nicht besonders gut, und die inzwischen auch wieder weg, weil Ausbildung abgeschlossen; und am Ende waren wir im Grunde nur noch zu zweit, weil der andere Chef mit seiner anderen Firma voll ausgelastet ist. Die Büroräume wurden untervermietet, wir sind zusammengerückt, gekocht wurde auch nicht mehr, und während der Corona-Zeit habe ich mir dann mehr und mehr das Home-Office angewöhnt. Zum Schluss blieb mir nur noch ein Katzentisch, eingeklemmt zwischen Fenster und Regal, aber wenn man nur noch einen Tag in der Woche dort erscheint, kann man ja kaum mehr beanspruchen. Die Jobs wurden immer öder, weil niemand mehr eine designte Website haben bzw. bezahlen wollte, sondern alle mit einem Template von der Stange zufrieden waren, und ich war im wesentlichen nur noch mit Fehlerkorrektur befasst, weil das vom Chef bevorzugte Template erstaunlich fehlerhaft war. Und dann verschwanden auch klammheimlich immer mehr von den alten Kunden, und es war gar nicht mehr genug zu tun für eine Vollzeittätigkeit.

Deswegen also.

Schade um ein paar Projekte, an die ich viel Zeit und Hirnschmalz und Herzblut investiert habe und die mir also inzwischen als meine eigenen vorkommen, aber das meiste ist ja jetzt in einem Stadium, das mindestens als stabiler Zwischenstand bezeichnet werden kann, so dass das Loslassen leichter fällt: die leidige Selbsthilfe-Datenbank für Berlin etwa mit ihren vielen Unterseiten, die Bundesstiftung Baukultur, Transparency, aber auch der Hörbuchpreis, die Stiftungswoche, Ziegler-Film … Aber bei einigen Kunden bin ich auch ganz froh, dass ich mir nun nicht mehr deren Unsinn anhören muss :) Also jedenfalls nicht mehr lange, weil natürlich ist die Kündigungsfrist jetzt zwei Monate zum Monatsende, und ich darf noch bis Ende September weitermachen, ein-zwei Sachen stehen da schon noch an. Und dann muss ich auch endlich mal meine Arbeit ordentlich dokumentieren, damit die Nachfolger wissen, was wo wie warum.

Mal sehen, wies dann im Oktober weitergeht. Bin ja jetzt zuversichtlicher, was zu finden, als vor sieben Jahren, wo ich noch dachte, das wäre nahezu aussichtslos, weil es ja insbesondere in Berlin mehr als genug Leute mit Computerkenntnissen gäbe, die auch alle viel tiefer in Spezialkenntnissen bewandert wären, wohingegen ich ja nur so ein Mädchen für alles wäre mit ein bisschen Ahnung von vielem, der aber nichts so richtig gut kann. Aber ab und zu wird natürlich genau so jemand gesucht, grad von kleineren Firmen, die gar nicht zu jedem Teilgebiet der IT einen Spezialisten brauchen, sondern lieber insgesamt nur einen, der das prinzipiell alles irgendwie kann oder sich reinfuchst und im Idealfall auch ein Auge für Gestaltung hat. Und wenn man den Phrasen aus Funk und Fernsehen glauben möchte, sollte auch mein Alter jenseits der Fünfzig kein Hinderungsgrund mehr sein.

Vielleicht soll ich ja auch was ganz anderes machen? Midlife-Crisis-mäßige Neuorientierung? Aussteiger? Quereinsteiger? Sowas?

Na schaumerma. Und vielleicht klappts ja diesmal mit einer kurzen Pause.

Krischan am 5. August 2025

Jetzt hab ich natürlich mitgekriegt, dass man sich innerhalb von drei Tagen nach der Kündigung beim Arbeitsamt als arbeitssuchend melden soll, also hab ich mich auch gleich am selben Tag dort eingeloggt, ich hatte ja sowieso schon einen Account und hab mir vor Ewigkeiten schon eine Jobsuche gespeichert, die mir wöchentlich Mails schickt mit völlig unpassenden Angeboten, aber für die Meldung als arbeitssuchend reichte dieses einfache Gast-Profil nicht aus, da musste ein richtiges Profil her, und dafür musste mir dann erst per Post ein Freischalt-Code zugeschickt werden. Auch das Einloggen per Bund-ID und Personalausweis hat da nichts genutzt. Nagut, dann werden sie ja selbst wissen, dass das mit den drei Tagen eher sportlich ist.

Als heute vormittag immer noch kein Brief da war, hab ich mich nochmal eingeloggt und hab auf den Link zum arbeitssuchend melden geklickt, und was soll ich sagen, heute gings. Was ich anders gemacht habe, hab ich nicht herausfinden können. Beim Vorführen vor den interessierten Mitbewohnern gings dann auch gleich wieder nicht mehr. Insgesamt hab ich drei verschiedene Reaktionen erzeugen können: 1) eine Meldung, dass man dafür ein Profil benötige, 2) eine Übersicht über alle möglichen Funktionen, die einem auf der Website des Arbeitsamtes zur Verfügung stehen, 3) eine Übersichtsseite des Profils, auf der u.a. vermerkt ist, dass man sich nun schon erfolgreich als arbeitssuchend gemeldet hat. Schick.

Und dann kam heute nachmittag auch der Freischalt-Code an. Damit hab ich jetzt ein richtiges Profil. Und konnte dann auch gleich die Meldung zur Arbeitslosigkeit und den Antrag zum Arbeitslosengeld einreichen. Beim letzten musste ich dann freilich begründen, warum meine Meldung zu spät erfolgt ist. Na herrlich, mal sehen, ob sie meine Erklärung akzeptieren. Da kann man einen Text eingeben, muss aber unbedingt auch ein Dokument anfügen. Also hab ich den Brief von heute abgeknipst und als Foto hochgeladen. Wird noch lustig, glaubich.

j am 6. August 2025

Vielleicht solltest du dich ja gleich beim Arbeitsamt bewerben, um die Profile professionell zu professionalisieren.
Es scheint Bedarf zu geben.