Eigentlich gab es ja schon vor Wochen eine Abladung für den dieswöchigen Termin, meine Mitschöffin hatte also scheinbar recht gehabt beim letzten Mal von wegen letzter Termin des Jahres. Aber nee, dann kam Anfang dieser Woche doch noch fix eine neue Ladung, das wird ja bei einer Abladung immer angekündigt, dass das passieren kann, und komischerweise musste da auf einmal zurückgefragt werden, ob meine wie üblich per E-Mail übersandte Empfangsbekenntnis jetzt eine Zusage oder eine Absage sein soll, das wäre nicht zweifelsfrei zu erkennen, so als gäbe es in der Ladung einen entsprechenden Hinweis über die Möglichkeit oder in der Empfangsbekenntnis eine entsprechende Option zur Auswahl. Hab ich ihnen also nochmal meine ausdrückliche Zusage signalisiert. Gewehr bei Fuß. Meine Mitschöffin hingegen hatte offenbar schon umdisponiert und die Gelegenheit genutzt, inzwischen was anderes vorgehabt zu haben. Jedenfalls kam beinahe erwartungsgemäß eine andere Schöffin. (Neenee, keine falschen Eindrücke bitte, die vielen Fehltage am Anfang des Jahres gingen auf Erkrankungen zurück.)
Und jedenfalls hab ich dann am Aktenzeichen erkannt (das immerhin bekommt man ja vorher mitgeteilt, weil man damit im Normalfall null Komma nix anfangen kann), dass es wieder bzw. nochmal derselbe Fall ist wie im November, also sind sie des seinerzeit nicht erschienenen Angeklagten offensichtlich doch recht fix habhaft geworden. Und damit der nicht unnötig lange in U-Haft sitzen muss, wird in solchen Fällen immer sehr kurzfristig ein Termin angesetzt. Die Schöffin hatte ihren Anruf erst am Abend vorher, bei Ersatzschöffen ja nicht unüblich. Dafür haben sie nicht so viele Termine im Jahr. Und Ersatz ist ja an dieser Stelle okay, das Verfahren wurde ja noch gar nicht eröffnet, die Schöffen müssen also nicht wieder dieselben sein, das mit meiner Person sozusagen eher Zufall. Viertelstunde vorher war trotzdem außer mir erstmal noch niemand da. Der Anwalt tauchte auf, wieder mit derselben Eisbrecherstory wie beim letzten Mal, dass schonmal niemand von den wartenden die Tür probiert hätte, obwohl schon offen war, lustiger fand ich da das dicke Buch mit Henkel am selbstgenähten Einband, das eins der vorbeischlendernden Fräulein wie ein Handtäschchen mit sich trug, bestimmt das BGB. Später kam die vermutete und dann auch tatsächliche schon erwähnte Schöffin vorbei, lief aber nochmal ein bisschen rum, bis die Protokollführerin mit dem Schlüssel schließlich kurz vor dem Termin kam und uns alle reinließ.
Zum leicht verspäteten Beginn war auf einmal der Dolmetscher gar nicht da. War aber einer geladen. Staatsanwältin wieder eine andere, die richtige zuständige nämlich, und im Saal 105 auf dem Richterpult jetzt auch diese flachgelegten Monitore, so dass man kaum noch Platz hat für Hefter und Stift und so. Musste ich ein bisschen schieben. Wir haben dann jedenfalls die Wartezeit genutzt, bis der von der Protokollführerin herantelefonierte Dolmetscher kommen sollte, halbe dreiviertel Stunde wirds wohl dauern, und nochmal die Verständigungsversuche und -standpunkte erörtert. Die Staatsanwältin wollte weiterhin keine zweite Chance geben, weil das seien ja jetzt schon, ich guck mal eben nach, sieben Chancen gewesen. Sieben mal erwischt, sieben mal Drogen und Tabletten abgenommen (aber eben auch sieben mal wieder nach Haue geschickt). Außerdem wollte sie noch Antworten auf Fragen zur Herkunft der erstaunlich vielen und erstaunlich kurzfristig verfügbaren Tabletten, die zum Teil auch schon gar nicht mehr hergestellt werden und in Deutschland sowieso schonmal gar nicht zugelassen sind. Dann noch ein bisschen Smalltalk über die Justiz hier und da und in anderen Ländern, zum Beispiel Bayern, echt krass, mit welchen Strafen man da bedacht wird für ein bisschen Haschisch, kein Vergleich zu, sagen wir, Berlin.
Als die Dolmetscherin schließlich eintraf, haben sich Rechtsanwalt und Angeklagter mit ihrer Hilfe nochmal über den Stand der Dinge verständigt, wir Richter haben uns in der Zwischenzeit ins Beratungszimmer zurückgezogen und weitere Storys ausgetauscht bzw. bedächtig und anerkennend und wissend nickend angehört. Ach. Aha. Soso. Nasowas.
Aufruf. Zeuge wurde belehrt, durfte sich setzen, bekam aber auch gesagt, dass er eh gleich wieder den Saal verlassen müsse. Dann gabs noch eine Klärung und Belehrung für Angeklagten und Rechtsanwalt von wegen Fristenverzicht, weil Verfahren so kurzfristig angesetzt, aber das war ja wohl im Sinne aller Beteiligten. Genau. Personalien. Junger Kerl Anfang zwanzig, im Flüchtlingslager in Gaza geboren, in Deutschland also ungeklärte Staatsangehörigkeit.
Anklageverlesung durch die Staatsanwältin. Sieben Taten von Oktober bis Dezember 2024. Handel mit verschreibungspflichtigen Medikamenten, Betäubungsmitteln und Cannabis, zweimal verschärft durch das Mitführen von waffenähnlichen Gegenständen, dazu einmal Widerstandshandlungen bei der Festnahme. Neu hinzugekommen ein minderschwerer Fall von gemeinschaftlichem Handel mit Cannabis. Bis die Dolmetscherin fertig war, das alles (nicht synchron, sondern parallel vom Blatt lesend) zu übersetzen, vergingen noch ein paar Momente. Wieviel der Angeklagte davon mitbekommen und verstanden hat, war unklar, er saß da mit gesenktem Blick und vor und zurück pendelndem Oberkörper und sah nicht gut aus. Entzügig nannten das Staatsanwältin und vorsitzender Richter später. Dass er cracksüchtig war, wussten wir da schon.
Der Richter ging daraufhin nochmal auf die Vorverhandlungen und Verständigungsbemühungen ein, und die Dolmetscherin musste ihn gleich wieder bremsen, weil sie nicht so schnell übersetzen konnte wie er sprach. Hinweis des Richters in Richtung Staatsanwältin, dass wegen der Sucht des Angeklagten auch § 21 StGB in Betracht käme, verminderte Schuldfähigkeit. Dann Bestätigungen durch den Rechtsanwalt, dass er dem Verständigungsvorschlag zustimmend gegenüberstehe, und durch die Staatsanwältin, dass das für sie weiterhin nicht infrage käme.
Kurzer Hinweis des vorsitzenden Richters an die eine Justizbeamtin, doch bitte den einen Notfall noch fertig zu klären, dann aber das Social-Media-Scrollen am Handy bitte in die Freizeit zu verlegen. Holla. Aber ja, wär schon gut, sie wäre sofort einsatzbereit, falls was sein sollte.
Einlassung durch den Rechtsanwalt. Angeklagter räumt Taten eins und zwei ein, Tragweite des Handelns nicht klar, keine Erfahrung mit deutscher Justiz, Nichterscheinen beim letzten Termin mithin keine Missachtung des Gerichts. Handel nicht mit Gewinnabsicht, sondern zur Finanzierung der eigenen Sucht. Eine Woche Untersuchungshaft mit nachhaltiger Wirkung, im Gegensatz zu den als freundlich wahrgenommenen polizeilichen Maßnahmen zuvor. Möchte in Zukunft ein straffreies Leben führen. Junger Mensch mit traumatischen Erfahrungen, kein Krimineller. Ohne Vorstrafen. Die Widerstandshandlungen täten ihm leid, er bitte den Beamten um Entschuldigung.
Dass die Einlassung nicht nur für die Taten eins und zwei gelten sollte, war schnell geklärt, es waren alle Taten der beiden Anklagen gemeint, die hier in der Verhandlung zusammengefasst wurden.
Auf Rückfragen zu Erinnerungen an einzelne Tage und Taten konnte sich der Angeklagte kaum konkret äußern, aber mal ehrlich, das liegt jetzt mehr als ein Jahr zurück, da könnte ich auch ohne Drogensucht nicht allzu sehr ins Detail gehen, was ich da an welchem Tag gemacht und bei mir gehabt hatte. Wo er die Waren her hatte, konnte er auch nur mit Spitznamen und Herkunftsländern beantworten, wer kennt denn auch die Nachnamen von Gelegenheitsbekanntschaften. Auch bei Angaben zu Einkaufs- und Verkaufspreisen, zu den Mengen der täglich verkauften und für den Eigenbedarf behaltenen Drogen kam nur Kuddelmuddel zutage, sodass die Staatsanwältin dann irgendwann bemängelte, das sei jetzt aber keine geständige Einlassung mehr, sondern ein bisschen zuviel an Herausrederei. Was der Rechtsanwalt dem Angeklagten dann nochmal zu erklären versuchte. Der Richter hatte dagegen eher den Eindruck, dass es hier auch ein intellektuelles Defizit gäbe, das einer genaueren Einlassung im Wege stünde.
Trotzdem nochmal der Versuch der Klärung, welche Substanzen der Angeklagte denn nun selber nähme, bei der Vernehmung nach der Verhaftung wäre nur von Crack die Rede gewesen, jetzt Einlassungen zu Pregabalin und Haschisch, was sich aber als zeitliche Veränderung klärte: früher vor allem Pregabalin, das er schon in Gaza vom Arzt verschrieben bekommen habe gegen die Depression, dazu abends Haschisch zum Einschlafen, in jüngster Zeit aber vor allem Crack. Nach Aussage des Richters ein schlechter Tausch.
Abfrage der persönlichen Hintergründe. Zwölf Jahre Schule, aber ohne Abschluss, kein Beruf, keine ehrliche Arbeit, keine Schulden, kein Geld, aus erster Einrichtung geflogen nicht wegen Drogenkonsums oder Regelverstößen oder Verkehrs in der Drogen- und Obdachlosenszene, sondern wegen Rauchens und Auslösens des Rauchmelders. Familie in Gaza muss mitversorgt werden, Schwager ausgebombt, leben alle noch, aber in Zelten. Psychische Probleme schon in Gaza behandelt, Möglichkeit der rechtlichen Betreuung unbekannt. Kein Sport, kein Hobby, Hoffnung auf besseres Leben. So Gott will. Also nochmalige Levitenlesung des Richters: keine Sprachkenntnis, kein Aufenthaltsstatus, kein Beruf, keine Arbeit, keine sozialen Kontakte, kein Wohnsitz, Drogensucht, da helfe Prinzip Hoffnung allein überhaupt nicht, es drohe stattdessen eine kurze dreckige Zukunft und der baldige Tod. Ob er mit einer Therapieweisung einverstanden sei? Ja, er habe sich ja auch schonmal um einen Therapieplatz gekümmert, sei dann nur nicht hingegangen. Hm.
Die Staatsanwältin hatte inzwischen keine Fragen mehr, die seien alle schon beantwortet worden. Das Einverständnis in die Einziehung der Drogen und des Geldes und des Reizgases und des Messers wurde auch noch schnell geklärt. Also weiter zur Beweiswürdigung. Selbstleseverfahren, wir kennen das von diesem Richter ja schon. Drei rosane Hefter lagen bereit für die Schöffen und den Rechtsanwalt. Die Staatsanwältin hatte die Akten ja sowieso, wurde nur mit einem Inhaltsverzeichnis versorgt, damit sie weiß, welche Seiten in welchen Ordnern sie sich nochmal angucken sollte. Halbe Stunde Unterbrechung reicht. Der Zeuge musste also leider noch ein bisschen länger warten. Hatter sich sichtlich gefreut: für um zehn bestellt, kriegt er um zwölf gesagt, dass jetzt erstmal halbe Stunde Pause ist und er dann danach erst drankommt. Parallel stellte sich raus, dass sowohl Staatsanwältin als auch Dolmetscher nur bis eins Zeit hatten. Na, reicht ja vielleicht.
Also Akten lesen. Auch wichtig. Und durchaus interessant. Herrlich umständliche, aber eben auch standardisierte ausführliche Protokolle und Berichte zu den aufgefundenen Drogen und Medikamenten, ergänzt um Erläuterungen zu den Wirkstoffen und Paragraphen, da hätte ich ja gar nicht bei Wikipedia nachschlagen müssen. Nebenbei Austausch mit der Schöffin über bisherige Erfahrungen und Verhandlungen. Sie hatte dieses Jahr zwar nur wenige Termine, aber einmal vier Verhandlungen an einem Tag, und gleich als Einstieg ins Schöffenleben eine mehrtägige Verhandlung zu Kindesmissbrauch und -pornografie, das Lieblingsangstthema aller Schöffen. Uiuiui. Zwischendurch sagte die Dolmetscherin Bescheid, dass sie jemanden gefunden habe, der sie nach eins vertreten könne, aber leider erst ab halb zwei.
Neuaufruf. Neue Protokollführerin, mal wieder in Begleitung, ist das derselbe junge Mann wie neulich schonmal? Keine Fragen an den Angeklagten mehr. Kurze Diskussion über das Medikament, das er vom Haftarzt bekommen und dabei hatte, keine Ahnung, was das ist, etwas fürs Einschlafen. Richter hat es mit Erlaubnis in Augenschein genommen, aber der kleine Abschnitt der Packung verriet nichts über den Produktnamen oder den Wirkstoff. Is ja auch wurscht.
Dann durfte der Zeuge endlich was sagen. Hat einleitend noch kurz erläutert, dass er sich schlecht vorbereiten konnte, weil in der Ladung was von Medikamentenhandel stand, er aber nur an der Festnahme beteiligt war. Seine Zeugenaussage sollte ja aber auch den Fall der Widerstandshandlungen erhellen, das mit den Drogen und Medikamenten hatten wir uns ja grad angelesen. Nach ein paar Stichpunkten zum protokollierten Geschehen kam aber die Erinnerung wieder, und er konnte den Verlauf der Festnahme mit Flucht und Verfolgung und Einsatz des Pfeffersprays und Durchsuchung erzählen. Die dem Pfefferspray-Einsatz vorausgegangene Bedrohung des Beamten durch eine zuckende Bewegung des Angeklagten hat er uns demonstriert. Die Schöffin hat dann tatsächlich eine Frage gestellt, nämlich nach der Verständigungsfähigkeit des Angeklagten, der ja kein Deutsch verstehe. Das Zücken und Zielen mit dem Pfefferspray war aber nach Ansicht des Zeugen eine hinreichend eindeutige Situation. Und als Polizei waren die Beamten erkennbar, ausgewiesen hatten sie sich auch, und dieses Erkennen hatte ja überhaupt die Flucht des Angeklagten ausgelöst. Damit war der Zeuge entlassen.
Dass diese zuckende Bewegung als Androhung von Gewalt und damit als Aggression und Angriff gegen Beamte gewertet werden kann, haben wir einvernehmlich verneint, über Widerstandshandlungen bei der Festnahme (Versteifen des Armes zählt ja neuerdings auch schon dazu) hat der Zeuge auch gar nichts gesagt, wir haben uns also kurz beraten und diesen Teil der Anklage nach § 154 eingestellt.
Dann sollte eigentlich die neue Technik eingesetzt werden: das früher neben dem kleinen Laptop einzige Gerät auf dem Richterpult, das klappbare Dokumentenkamerading, keine Ahnung, wie das heißt, das jetzt jedenfalls auf einem kleinen Tisch an der Seite stand, wurde aufgeklappt, die Lampe ging an und beleuchtete die Bodenplatte, und mit dem kleinen Steuerungsbildschirm wurde eingestellt, dass diese Kamera ihre Daten an den großen Bildschirm an der Wand über dem Richerpult schicken solle, der zeigte aber nur eine Meldung über fehlendes Signal, illustriert mit der Grafik zweier nicht verbundener Kabel. Also wurden die Fotos von den Asservaten ganz normal herumgereicht, der Richter hat durch die Akten geblättert, während wir Schöffen zugeguckt haben, dann wurden die geöffneten Akten dem Rechtsanwalt überreicht, der sie dem Angeklagten gezeigt hat, der dann signalisiert hat, welche der Tablettenpackungen er als seine erkannt hat (Wie kann man das? Sehen die nicht alle gleich aus?) und welche nicht.
Jetzt war es schon kurz nach eins und die Dolmetscherin musste zu einem anderen Termin. Sorry, aber bei so kurzfristigen Terminen. Die Staatsanwältin müsste eigentlich auch schon bei einem Abteilungsleitertreffen sitzen, aber alle Angebote, die Fortsetzung der Verhandlung zum Beispiel auf Montag zu verschieben, blieben im Sande stecken, ihr Terminkalender war nicht zur Hand, kein Plan, zu welcher Uhrzeit am Montag noch eine Lücke gewesen wäre. Also blieb sie. Warten auf den Dolmetscher. Pinkelpause.

Kurz vor halb war der neue Dolmetscher dann schon da und es hätte glatt weitergehen können, wenn auch die Staatsanwältin und der Angeklagte schon wieder anwesend gewesen wären. Aber Ansage war ja halb. Und halb waren sie pünktlich da, der Angeklagte aus den Tunneln zur JVA in neuer, laut mit den Türen rummsender Begleitung.
Ende der Beweisaufnahme. Plädoyer der Staatsanwältin. Immer noch sieben Taten, auch nach der Einstellung der Widerstandshandlungen. Holpriges Geständnis mit viel Reklamation auf Eigenbedarf, dreiste Tatwiederholungen mit kurzer Rückfallquote von teilweise nur wenigen Stunden, Reizgas zwar nur minderschwer und keine echte Bewaffnung, aber trotzdem strafverschärfend. Andererseits Einverständnis in die Einziehung, die eingezogenen Substanzen können nicht mehr in den Handel gelangen. Prognosen über Therapierbarkeit und Aufenthaltsrecht sah sie keine, aber das spiele ja auch keine Rolle, weil hier sowieso keine bewährungsfähige Strafe in Betracht komme, und forderte deutlich mehr als zwei Jahre Haft.
Plädoyer Rechtsanwalt. Ersttäter, Einsicht, falsche Entscheidungen, Entschuldigungen, erst heute volles Ausmaß klar, Erfahrung der U-Haft, keine kriminelle Energie, sondern Beschaffung, bewährungsfähige Strafe bitte in Betracht ziehen, gern mit weiteren Auflagen und einer Aufhebung des Haftbefehls.
Unsere Beratung war dann in mehreren Punkten durchaus bemerkenswert, aber dazu darf ich ja nichts verlauten lassen. Wir haben uns jedenfalls auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren geeinigt, auszusetzen auf eine Bewährung von fünf Jahren, dazu 120 Stunden unbezahlte gemeinnützige Arbeit und eine Therapieweisung, nicht zu vergessen die Einziehung und die Aufhebung des Haftbefehls, damit er aus der U-Haft entlassen werden kann. Einen Flyer von Synanon haben wir direkt ausgedruckt und dem Angeklagten gleich überreicht, die nehmen dort jeden und sofort. An die Hand nehmen und hinbringen wird ihn aber niemand, das muss er jetzt allein schaffen. Dazu hat ihn der Richter nochmal mit einer weiteren Standpauke versehen, nochmal eine Viertelstunde eindringliche Moralpredigt und Hinweis auf diese zweite, aber vermutlich letzte Chance, sein Leben auf die Reihe zu kriegen. Mit leider wenig Hoffnung, aber diese zweite Chance steht ihm trotzdem zu.
Fast halb zwei dann schon. Hab der Schöffin noch den Weg zum Briefkasten der Berechnungsstelle gezeigt, an der zuletzt gefundenen Abbiegestelle hing jetzt (jetzt erst? Oder hatte ich bislang einfach Tomaten auf den Augen?) auch ganz richtig ein kleiner Zettel mit Pfeilen, siehste. Aber vorher? Hab dann auch gleich meine neuesten Zettel mit eingeworfen, konnte ich die Ankunftszeit zu Hause / auf der Arbeitsstelle halt nur schätzen. Und hab ihr noch einen von meinen Anträgen auf Entschädigung gegeben, sie hatte ja bei der sehr kurzfristigen telefonischen Ladung keine Unterlagen bekommen, musste sie lediglich den vorgedruckten Namen und die Adresse korrigieren.