Billy Bragg

Band
Bragg, Billy
Format
LP
Jahr
1988
Label
Amiga
Kennung
8 56 320

Krischan am

Ach ja. Geil. Das Ding war auch Pflicht im Haushalt eines linken, weltverbessernden, friedensbewegten, revolutionären, anderen oder wenigstens anders sein wollenden Jugendlichen der Neunziger Jahre. Protest- und Arbeitskampf-Songs, mit lauter freundlicher Stimme, urenglischer Mundart und schrammender halbakustischer Klampfe vorgetragen. Da hat einer die Wahrheit erkannt und lässt alle, wirklich alle daran teilhaben. Man hört quasi die erhobene Faust. Wem da nicht das Herz aufgeht, ist für immer verloren.

Hier könnte eigentlich ein Video hin.

Obwohl, Kommunist wollte er ja nie sein, das war ihm dann doch wichtig, und später hat er sich zeitweise auch recht merkwürdig zu dem einen oder anderen politischen Thema geäußert. Einzelheiten hab ich vergessen und suche jetzt auch nicht danach. Macht ja auch eh nichts: in der idealen Gesellschaft darf ja jeder denken und sagen, was er/sie/es/*/_ will. Als prägende Stimme der achtziger Jahre bleibt er trotzdem in Erinnerung. Und sowieso steht er ja prinzipiell auf der richtigen Seite, auch ohne den unbedingten Gehorsam gegenüber Lenin Putin. Jedenfalls bis zur Revolution, hehe.

»Talking With The Taxman About Poetry« heißt die Platte im Original und ist in der freien ersten Welt schon ’86 rausgekommen, aber weil er ja auch in der DDR mehrfach aufgetreten ist, gabs die dann später nochmal ohne den sperrigen Titel bei Amiga. Mit zwei kleinen Fehlerchen in der Titelliste, dafür aber einem langen Artikel über den »sympathischen jungen Engländer mit der expressiven Stimme im echten Londoner Cockney Englisch und der E-Gitarre«.

Natürlich gibt es auch andere Instrumentierungen (herrlich dröhnendes Saloon-Klavier, synthetisch klingende Fanfaren, folkig jaulende Geigen, hippiesk zitternde Orgelflächen) und dezente Arrangements rund um den aufrechten Mann mit seiner ehrlichen Gitarre, aber das ist ja nur Studio, in Wirklichkeit ist er ein richtiger Liedermacher, der auf solche Dekorationen verzichten kann. Es geht schließlich um die Message.

Musste ich mir jedenfalls endlich mal zulegen. Weil von wegen Pflicht: ich hatte die seinerzeit natürlich nur auf Kassette überspielt, und nicht als mit schmutzigem Geld erworbenes Original in mein individuelles Privat-Eigentum überführt. Was ich jetzt aber nachgeholt habe, inzwischen bin ich ja schließlich ein alter weißer Mann. Jedenfalls über vierzig. (Und trotzdem immer noch sowas ähnliches wie Kommunist …)

Tracks

  1. Greetings To The New Brunette
  2. Train Train
  3. The Marriage
  4. Ideology
  5. Levi Stubbs’ Tears
  6. Honey, I’m A Big Boy Now
  7. There Is Power In A Union
  8. Help Save The Youth Of America
  9. Wishing The Days Away
  10. The Passion
  11. The Warmest Room
  12. The Home Front