I’m Not There

Band
various artists: Eddie Vedder & The Million Dollar Bashers / Sonic Youth / Jim James & Calexico / Richie Havens / Stephen Malkmus & The Million Dollar Bashers / Cat Power / John Doe / Yo La Tengo / Iron & Wine & Calexico / Karen O & The Million Dollar Bashers / Roger McGuinn & Calexico / Mason Jennings / Los Lobos / Jeff Tweedy / Mark Lanegan / Willie Nelson & Calexico / Mira Billotte / Stephen Malkmus & Lee Ranaldo / Sufjan Stevens / Charlotte Gainsbourg & Calexico / Jack Johnson / Glen Hansard & Markéta Irglová / The Hold Steady / Ramblin’ Jack Elliott / The Black Keys / Tom Verlaine & The Million Dollar Bashers / Marcus Carl Franklin / Bob Forrest / Antony And The Johnsons / Bob Dylan & The Band
Format
4 LP
Jahr
2007
Label
Sony, Columbia
Kennung
88697 12038 1
Zusatz
bedruckte Innenhüllen

Krischan am

Das ist ja nun auch schon zwei-drei Jahre her, dass ich im Plattenladen um diese Platte herumgeschlichen bin und mich nicht entscheiden konnte, ob ich die nun brauch oder nicht. Im Grunde war sie mir mit 35 Euro nur einfach ein bisschen zu teuer, aber die Stücke von Sonic Youth und Lee Ranaldo wollte ich schon haben, und die von Stephen Malkmus, Yo La Tengo, Cat Power und Calexico auch. Und auf einige der vielen anderen bekannten Namen war ich zumindest neugierig. Doch Katharina stand daneben und hat die Nase gerümpft, und da konnte ich dann wirklich nicht.

Jetzt hab ich sie also im Internet doch mal für knapp über dreißig Euro bekommen, und was muss ich beim Auspacken feststellen? Das Cover ist zerknickt. Eine schwere Vierer-LP steckt man ja auch nicht einfach nur in einen einfachen Karton, sondern schiebt zusätzlich noch stabilisierende Pappen rein! Dass das ausgerechnet die Schallplattenhändler nicht wissen … Da hab ich noch kurz überlegt, ob ich eine Reklamation anstoßen soll, hab mich dann aber doch für das schnellere Behalten und neutral Bewerten entschieden.

Hat eigentlich jemand den Film gesehen? Ich mag den Herrn Dylan ja glaubich nicht so, muss aber anerkennen, dass viele seiner Songs an sich wirklich klasse sind. Kommt halt immer drauf an, was der jeweilige Interpret dann draus macht. Das kann man natürlich auch auf dieser Platte gut hören:

Gleich der erste Song mit Eddie Vedder am Mikro ist ein gutes Beispiel dafür, wie man einen guten Song mit affektiertem Gesang und viel zuviel Gniedelrock kaputtspielen kann. Davon gibt es später noch mehr Anschauungsmaterial. Bei der komischen Million-Dollar-Bashers-Kombo, die da dauernd als Begleitband auftaucht, spielen übrigens auch zwei Herren namens Steve Shelley und Lee Ranaldo mit. Und spätere Zusatzaufnahmen wurden hie und da von Cody Ranaldo in einem Studio namens Echo Canyon gemacht. Zudem is Lee Ranaldo Produzent einer signifikanten Anzahl der Stücke.

Gleich danach kommen aber schon Sonic Youth, die sich viel mehr auf das Songwriting verlassen und Thurston Moores koolen Gesang nur recht sparsam, soll heißen eher leise und halbakustisch klingend instrumentieren. Ein wirklich gutes Ergebnis ist dann aber auch nicht. Vielleicht weil es weder richtiger Singer-Songwriter-Style noch der von der Band eigentlich zu erwartende Noise-Rock ist.

Viel eher meiner Erwartungshaltung entspricht der dritte Song mit einem countrymäßig jodelnden Jim James, der von Calexicos weichen Bläsern und einem klappernden Kontrabass begleitet wird. Das ist eigentlich überhaupt nicht meine Musik, erscheint mir aber stimmig und stimmungsvoll. Ähnliches lässt sich über den anschließenden, von hektischen Akustikgitarren begleiteten Song mit Richie Havens sagen, der mich ein wenig an Nick Cave erinnert.

Auch Stephen Malkmus lässt sich seinen (ersten) Part von einer gehörigen Portion Bombast-Rock zuorgeln, -klimpern und -gniedeln, sodass mich das Ergebnis mangels alternativer Vergleichskenntnisse wiederum an Nick Cave erinnert. Hier funktioniert es aber durchaus gut, nicht zuletzt weil zwischen den vielen Instrumenten noch genug Luft bleibt, um was vom Song zu hören.

Beim nächsten Stück steht zwar »Cat Power« dran, zu hören ist aber irgendeine langweilige Sängerin mit prima tanzbarem Schunkel-Blues-Rock. So richtig peinlich schmalzig wird’s dann aber erst mit John Doe. Buäh! Nee danke!

Zeit für Yo La Tengo, den Karren wieder in holperigere Wege zu leiten. Und abzustellen. Sparsam instrumentiert von Bass und eiernder Schweineorgel singt Georgia Hubley leise vor sich hin, der Besen streichelt über das Schlagzeug, und irgendwann klimpert ganz weit hinten noch ein Klavier. So lass ich mir das gefallen.

Naja, und ähnlich abwechslungsreich geht das auf den nächsten drei Platten weiter:

Iron & Wine, den ich bislang nur vom Namen her kannte, hat mir mit seinem verträumten Folk-Pop gut gefallen, den holprigen Rock von Karen O fand ich erstmal komisch, aber sie (bzw. die Begleitband) hat den Dreh für einfach gestrickte Songs wirklich raus, auch Byrds-Veteran Roger McGuinn gibt bei soviel Calexico im Hintergrund kein schlechtes Bild ab, und Mason Jennings klingt so wie man sich das von einem ordentlichen Liedermacher vorstellt: anständig, aber ganz schön langweilig.

Los Lobos machen eine melancholisch angehauchte Hafen-Party zum Einschlafen, aber Wilco-Mann Jeff Tweedy macht seine Sache mit Klampfe und Geige schon sehr viel besser, Mark Lanegan legt einen rauchigen Western-Helden nach, und Country-Legende Willie Nelson passt erstaunlich – oder eigentlich doch erwartungsgemäß – gut auf schon wieder Calexico.

Stephen Malkmus singt und Lee Ranaldo und Nels Cline begleiten auf Gitarren: das hört sich viel unaufgeregter an, als man im ersten Moment denken möchte. Der Pavement-Mann singt hübsch, Lee spielt nette Akustik-Klampfe, und der dritte lässt eine Slide-Gitarre singen.

Mira Bilotte kurz zuvor singt sonst bei White Magic und lässt mich ein wenig ratlos zurück, was wohl mehr am nervigen Bass ihrer Begleitung liegt als an ihrem Gesang, Sufjan Stevens kannte ich bislang auch nur als Namen, aber seine zu dick aufgetragene Musik ist mir zu kitschig, von Charlotte Gainsbourg hab ich schon viel gutes gelesen, und wie sie hier zur Calexico-Gitarre ins Mikro haucht, das ist zwar nicht der Hammer, aber wirklich nett, was man vom singenden Surfer Jack Johnson nicht sagen kann (siehe Mason Jennings).

Auf Seite sechs hauen Yo La Tengo zu ihrem Rock-’n’-Roll-Imitat deutlich lauter in die Tasten und Saiten, bei Glen Hansard und Markéta Irglová gibt es Lagerfeuer-Schmalz mit Mundharmonika, The Hold Steady rocken eher eklig, Ramblin’ Jack Elliott ist noch so ein alter, auf der Gitarre herumkratzender Kauz der Sorte singender Cowboy, dem ich gern zuhöre, obwohl/weil ich kein Wort verstehe, und die Black Keys rocken zu zweit prima holperig, aber der Gesang ist doof.

Auch Television-Mann Tom Verlaine bedient sich für sein theatralisches Geschichten-Erzählen der hier angenehm hintergründig agierenden Million-Dollar-Bashers-Backband, die bei Malkmussens dritten Auftritt aber gleich wieder flott über die Farm galoppieren darf, woraufhin der halbwüchsige Schauspieler Marcus Carl Franklin einen Song singt. Gut macht er das.

Wenn Bob Forrest die Mundharmonika weggelassen hätte, wäre es trotzdem eine schmierige Interpretation geblieben, so wie bei John Doe und dem teigig und affektiert klingenden Antony mit seinen Johnsons auch. Bob Dylan selber singt dann nochmal den Titelsong, den auch Sonic Youth interpretiert haben, und macht dabei übrigens auch keine überragend hörenswerte Figur.

Ganz schön lang das Ding. Auch die einzelnen Songs könnten zum Teil ruhig etwas kürzer. Und dann ständig Platte umdrehen und wechseln. Und obwohl das Ding eigentlich eine schöne Mischung bietet, bleibt die Qualität dann insgesamt doch unterhalb der Gutfind-Schwelle. Aber sie sieht gut aus im Regal!

Tracks

  1. All Along The Watchtower [Eddie Vedder & The Million Dollar Bashers]
  2. I’m Not There [Sonic Youth]
  3. Goin’ To Acapulco [Jim James & Calexico]
  4. Tombstone Blues [Richie Havens]
  5. Ballad Of A Thin Man [Stephen Malkmus & The Million Dollar Bashers]
  6. Stuck Inside Of Mobile With The Memphis Blues Again [Cat Power]
  7. Pressing On [John Doe]
  8. Fourth Time Around [Yo La Tengo]
  9. Dark Eyes [Iron & Wine & Calexico]
  10. Highway 61 Revisited [Karen O & The Million Dollar Bashers]
  11. One More Cup Of Coffee [Roger McGuinn & Calexico]
  12. The Lonesome Death Of Hattie Carroll [Mason Jennings]
  13. Billy 1 [Los Lobos]
  14. Simple Twist Of Fate [Jeff Teedy]
  15. Man In The Long Black Coat [Mark Lanegan]
  16. Señor (Tales Of Yankee Power) [Willie Nelson & Calexico]
  17. As I Went Out One Morning [Mira Billotte]
  18. Can’t Leave Her Behind [Stephen Malkmus & Lee Ranaldo]
  19. Ring Them Bells [Sufjan Stevens]
  20. Just Like A Woman [Charlotte Gainsbourg & Calexico]
  21. Mama, You’ve Been On My Mind / A Fraction Of Last Thoughts On Woody Guthrie [Jack Johnson]
  22. I Wanna Be Your Lover [Yo La Tengo]
  23. You Ain’t Goin’ Nowhere [Glen Hansard & Markéta Irglová]
  24. Can You Please Crawl Out Your Window? [The Hold Steady]
  25. Just Like Tom Thumb’s Blues [Ramblin’ Jack Elliott]
  26. The Wicked Messenger [The Black Keys]
  27. Cold Irons Bound [Tom Verlaine & The Million Dollar Bashers]
  28. The Times They Are A Changin’ [Mason Jennings]
  29. Maggie’s Farm [Stephen Malkmus & The Million Dollar Bashers]
  30. When The Ship Comes In [Marcus Carl Franklin]
  31. Moonshiner [Bob Forrest]
  32. I Dreamed I Saw St. Augustine [John Doe]
  33. Knockin’ On Heaven’s Door [Antony And The Johnsons]
  34. I’m Not There [Bob Dylan & The Band]

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