Plow!

Band
various artists: Sonic Youth / Copulation / Swans / Hit By A Truck / Dressed Up Animals / Wise Blood / Abt. 409 / Live Skull / Eigernordwand / Christian Marclay
Format
LP
Jahr
1985
Label
Organik
Kennung
ORG 85-1
Zusatz
Textblatt

Krischan am

Zehn oder elf war der kleine Krischi, als diese Platte rauskam. Was er wohl zu der Musik gesagt hätte, damals? »Was soll'n das sein?« wahrscheinlich. Dabei ist das eine wilde Compilation voll herrlicher Achtziger-Jahre-Scheiße zwischen No-Wave-Punk und Free-Jazz-Disko von lauter verdrehten Kunststudenten.

Sonic Youth mit Lydia Lunch sind mal wieder mit dem scheinbar gewaltverherrlichenden »Hit It!« dabei, hier in der Demo-Version, bei der die Gitarren noch nicht so richtig kreischen und der Gesang (Gesang?) auch noch nicht ganz so hysterisch ist wie nachher in der offiziellen Version.

Copulation klingen verdammt nach Birthday Party mit ihrem holperigen Schlagzeug, dem rumpelnden Bass und der melodiefreien, noisig sägenden Gitarre, vor allem aber wegen dem hysterisch bellenden und würgenden Gesang (Gesang?), der auch in Stimmlage und -klang sehr nach Nick Cave klingt.

Swans dagegen klingen einmal mehr schwer nach Neurosis: schleppend, dämonisch, lebensmüde, durchgeknallt, dabei im Sound aber mehr dem Achtziger Jahrzehnt entsprechend. (Hat jemand einen Tipp, welche der Platten von denen man kaufen kann? Sind ja so viele. Und später hat der Typ doch einen esoterischen Knacks bekommen, wenn ich richtig informiert bin.)

Hit By A Truck ist eher so normaler Alternative Rock desselben Jahrzehnts: langweilig. Dressed Up Animals hören sich zunächst an, als hätten sie sich das erste Mal im Proberaum getroffen und die Instrumente vertauscht, bevor sie dann mit crazy Duett-Gesang auf wildem 08/15-Rock losbrettern.

Wise Blood – das ist u.a. Clint Ruin, der auch viel mit Lydia Lunch zusammengearbeitet hat – beginnen die B-Seite mit industrialer Comic-Disko, deren perkussive Elemente an die ehrwürdigen Neubauten (als sie noch jung und wild waren) erinnern; woran mich die Sample-Beats und die Keyboards und die Gesangsstellen (Gesang?) erinnern, will mir partout nicht einfallen.

Live Skull werden ja immer mal wieder mit Sonic Youth in Verbindung gebracht, erinnern hier aber vor allem wieder an Birthday Party, wenn auch die Stimme anders klingt und das Ganze insgesamt etwas glatter daherkommt. Abt. 409 machen komisch vertrackten No-Wave- oder zumindest Alternative-Rock der Achtziger Jahre, der dadurch zwar nicht so richtig langweilt, aber dann trotzdem irgendwie nicht so richtig fetzt – am Ende liegt's mal wieder am Gesang. Oder am Tempo.

Eigernordwand sind ein paar völlig verrückt gewordene Züricher aus dem Grauzone-Umfeld, die einfach nur bestialischen Krach machen, aber so weit ab von allem Schema-F-Rhythmus, -Punk, -Rock oder anderen populären Musikrichtungen (Musik?), dass es eine Wonne ist, den Texten über zuckendes Fleisch, kühlendes Blut, Fäulnis und Tod zu lauschen. Caspar Brötzmanns böser Onkel?

Christian Marclay hat (vor allem sehr viel später) hie und da mit Sonic Youth und auch einzelnen Mitgliedern zusammen gemuckt und liefert hier verzopfte Elektro-Collagen, die ebenfalls weit ab jedes Musik-Schemas funktionieren.

Tracks

  1. Death Valley ’69 (Demo) [Sonic Youth & Lydia Lunch]
  2. Delenda Cartago [Copulation]
  3. I Crawled [Swans]
  4. Crash ’84 [Hit By A Truck]
  5. Love Does Not Remain [Dressed Up Animals]
  6. Cough ’n’ Kill [Wise Blood]
  7. Flake Out [Live Skull]
  8. Abnor-Cha [Abt. 409]
  9. Dummheit / Die Erde Ruft [Eigernordwand]
  10. Pandora’s Box [Christian Marclay]

Links