Music From The New York Underground 1977–1984
Diese erst kürzlich als Retrospektive erschienene Compilation vereinigt New Yorker Bands aus den frühen Achtziger Jahren, die – zumindest vom Mainstream aus betrachtet – irgendwie dem sogenannten Underground zugeordnet werden können.
Das (bis auf das komisch abgemilderte Orange) recht schicke Cover wartet mit feinen Informationen (»Liner-Notes«?) und breit angelegtem Name-Dropping über die unzähligen Bands auf, die aber letztlich aus einer überschaubaren Anzahl von Alles- (Nicht-So-Richtig-) Könnern bestehen, die in allen denkbaren Kunstgattungen mehr oder weniger dilettantisch aktiv waren.
Die Musik ist dann auch erwartungsgemäß zum großen Teil Achtziger-Jahre-Disco mit No- oder New-Wave-Hintergrund: stampfende Beats, ethnologisch angehauchte Percussion, Jazz-Samplings und Saxophon-Einsprengsel, Feuertonnen-Tänze, funkige Gitarren, wenig Gesang, aber wenn dann exaltiert, gleichbleibendes Up-Tempo für den Tanzboden. Mit Noise im Sinne der Genre-Bezeichnung hat das also wenig zu tun, sondern eher mit so etwas wie Großstadt-Sound.
Aber es gibt Ausnahmen im klanglichen Einheitsbrei:
Red Transistor bauen aus neue-welle-typischen Gitarren-Rhythmen und schrägem Geschraddel wackelige Noise-Wände: schnell, atonal, durchgeknallt.
Sonic Youth träumen unruhig von Kim Gordons filigranem Gesang, im Hintergrund singt Lee Ranaldo. Der Bass spielt Sechszehntel, die Gitarre vibriert schräg, die elektronisch klingenden Drums kommen mit wenigen gleichmäßigen Beats aus: das ist der typische No-Wave der frühen Phase, aber hier ruhig und in »sehr schön«.
Rhys Chatham macht wilden Punk-Rock mit richtig vielen Gitarren, die er zu dichten Collagen schichtet; Ähnlichkeiten mit Band Of Susans sind kein Zufall: auch Susan Stenger hat hier mal mitgespielt. Und auch Glenn Branca, in dessen E-Gitarren-Orchester sich z.B. die Leute von Sonic Youth vor der Bandgründung begegnet sind, hat sich diese Idee von ihm abgeguckt. In Intensität und songferner Struktur erinnert diese minimalistische Musik schon fast an den viel später entstandenen Post- oder Math-Rock à la Don Caballero: infernalisch laut, lang, arm an Tonwechseln oder Melodie, enthält das Stück aber viele Breaks mit schönen Laut-Leise-Wechseln.
Ut erinnern mich an Siouxsie And The Banshees: dumpfe Beats, weniges und einfaches Schlagzeug, leise verzerrte Gitarre, sparsame Keyboards, schräger Frauengesang, bewegt sich die Musik irgendwo zwischen No-, New- und Dark-Wave.
The Static – hier spielt Glenn Branca mit – machen manischen Noise, der aber irgendwie gar nichts mit Punk oder Rock zu tun hat. Merkwürdig, aber interessant. Aber dieser Gesang …
Y Pants klingen erstmal ähnlich wie Ut, entbehren aber aller Düsternis, sind schrill und hauen auf Blech und Flaschen herum – oder was sind das für Klänge?
Tracks
- Ungawa Pt. 2
- Hunter Gatherer
- Not Bite
- Black Box Disco
- Back Downtown
- I Dreamed I Dream
- Drastic Classicism
- Radio Rhythm (Dub)
- Move It Time
- Tiger Stripes
- My Hands Are Yellow (From The Job That I Do)
- Tanajura
- I Am Not Seeing That You Are Here
- Sham Shack
- My Relationship
- Favorite Sweater