Agitation

Niemand mag Agitation.

Krischan am

Und ich will ja auch gar nicht missionieren. Aber: ich habe jetzt endlich meinen E-Mail-Anbieter gewechselt. Und ihr solltet das auch tun.

Kann natürlich sein, ihr habt schon einen E-Mail-Provider, der von euch mit Geld bezahlt wird und nicht mit Daten, der also ein Interesse hat, euch ein funktionierendes, sicheres und störungsfreies Postfach zur Verfügung zu stellen, weil ihr euch ja sonst beschwert oder einfach einen anderen Anbieter sucht.

Kann aber auch sein, ihr seid wie die meisten anderen auch bei web.de, gmx.net, yahoo.com oder – im schlimmsten Fall – bei g(oogle)mail.com, dann will ich euch hier an dieser Stelle mal wärmstens ans Herz legen, mit diesem Unsinn aufzuhören und zu einem echten E-Mail-Provider zu wechseln, der genau das macht, wofür man ihn braucht: ein elektronisches Postfach zur Verfügung stellen. Und nichts anderes. Schon gar nicht das, was bei den kostenlosen Providern eben das eigentliche Geschäftsmodell ist: Adressen verkaufen, Werbung anzeigen, Metadaten und Nutzerverhalten und Kontakte erfassen und verarbeiten und verkaufen. Ganz zu schweigen vom mutmaßlich nicht ganz legalen Mitlesen der E-Mail-Inhalte (sowohl der selbst gesendeten als auch der von anderen nichtsahnenden Kontakten empfangenen) für alle nur erdenklichen Zwecke der Weiterverwertung und Weitergabe. Postgeheimnis? Wurscht! Wirtschaftliche Interessen, dies das. Und ist ja außerdem gar keine richtige Post, sondern nur E-Mail, und nicht zuletzt habt ihr doch die AGB selbst gelesen und abgesegnet, richtig? Siehste.

Dagegen hilft übrigens auch die verschlüsselte Übermittlung der Mails aus eurem E-Mail-Programm nicht, weil das ja nur die Übertragung von eurem Rechner auf den Mailserver betrifft, nicht aber die Speicherung auf dem Server oder die Weiterleitung an den Server des Empfängers. Das ließe sich nur mit einer Verschlüsselung der E-Mail-Inhalte verhindern, aber das setzt sich wohl wirklich nicht durch, wer will schon ständig mit PGP- oder anderen Schlüsseln hantieren müssen, um einfach nur E-Mails zu lesen? Ich jedenfalls bislang nicht.

Und dann bekommt man ja sowieso einen Haufen Spam, wenn man Websites ins Internet stellt und dort ordnungsgemäß im Impressum seine E-Mail-Adresse veröffentlicht, aber durch die E-Mail-Provider halt auch. Vermutlich nicht zu knapp. Nicht nur deren eigene Informations- und Kundenbindungs-E-Mails, sondern lauter zusätzlichen Werbemüll, weil sie halt die Adressen an andere verticken. Die tatsächlich denken, ich würde irgendwann mal einen Treppenlift oder eine Penisvergrößerung haben wollen. Das habe ich ganz konkret mal sehr schön beobachten können, als ich mir vor einigen Jahren eine weitere E-Mail-Adresse bei web.de gebucht hatte und ziemlich schnell lauter Müll in diesem Postfach auftauchte, obwohl ich diese E-Mail-Adresse (nach wie vor) noch nie und nirgends benutzt, veröffentlicht und/oder eingetragen habe. Der einzige, der von dieser E-Mail-Adresse weiß, ist web.de. Aber nun ja, was will man erwarten bei einem kostenlosen Service: wenn es nichts kostet, bist du selbst das Produkt. Und irgendwer muss die zweite Yacht ja bezahlen.

Ich hatte also aus nachvollziehbaren Gründen schon öfter mal überlegt, von web.de wegzugehen und mir einen richtigen Anbieter zu suchen, hatte aber in meiner Erinnerung immer den Eindruck gehabt, dass das viel zu teuer ist. Eine ganze Schachtel Zigaretten pro Monat oder so. Als ich aber vor zwei Wochen mal wieder über das Thema gestolpert bin, war ich sehr erstaunt, dass das einfachste und für meine Belange völlig ausreichende Paket sowohl bei posteo.de als auch bei mailbox.org nur einen (in Ziffern: 1) Euro pro Monat kostet, was ja nun wirklich kein Geld ist, das man hinterher schmerzlich vermisst.

Ich hatte natürlich auch immer darüber nachgedacht, einfach meine eigenen Domains zu verwenden, ich hab ja sowieso Webspace mit etlichen Domain-Namen gemietet, da kann ich ja einfach auf krischanski.de- und andere E-Mail-Adressen umsteigen. Dagegen sprechen aber doch zwei Gründe: zum einen will ich nicht unbedingt jedem meine Websites auf die Nase binden, die natürlich jeder erstmal anklickt, der eine E-Mail von einer solchen Adresse bekommt, zum anderen sind diese kleinen Webhosting-Websites bei vielen Mailservern schlecht angesehen und machen Probleme beim Transport, weil sie eben nicht als große und zuverlässige E-Mail-Provider in die Whitelists eingetragen sind, sondern nicht ganz zu Unrecht mit dem Verdacht des Spam-Versands behaftet sind. Will man also sichergehen, dass die versendeten E-Mails von der Gegenseite auch angenommen werden, sollte man doch auf einen professionellen Service-Anbieter zurückgreifen.

Und dann habe ich festgestellt, dass mailbox.org von Heinlein betrieben wird, einer IT-Firma hier gleich um die Ecke, bei der ich kurz nach meinem Umzug nach Berlin mal zum Vorstellungsgespräch war, die mich aber nicht genommen haben, weil ich mich partout nicht entscheiden wollte, ob ich nun mehr Designer oder mehr Programmierer sein will. Sie hatten wohl für beides offene Stellen und ich hatte dann versucht, ihnen meinen neumodischen Beruf des Medieninformatikers (mit Schwerpunkt Mediengestaltung) als Mischung von beidem schmackhaft zu machen. Hat nicht funktioniert, schade, aber durchaus verständlich. Dabei kam mir ein Teil des Arbeitsfeldes ziemlich schick vor, Open-Source-Kram und Web-Provider für zivilgesellschaftliche Initiativen und so, auch wenn ich das merkwürdige Großraum-Büro mit den Laptop-Arbeitern nicht so gemütlich fand.

Auf der anderen Seite gab’s in letzter Zeit immer mal wieder kleine Meldungen über kleine Unzulänglichkeiten bei posteo.de, an die ich mich zwar nicht mehr konkret erinnern kann, die aber pö-a-pö einen kleinen Schatten auf den in meiner Wahrnehmung ersten und bekanntesten dieser alternativen E-Mail-Provider geworfen haben. Also hab ich mir bei mailbox.org mal so einen Test-Account für 30 Tage zugelegt und dann doch recht fix die erste 12-Euro-Überweisung hingeschickt und hab nun den vollen Zugriff aufs Paket. Während der Testphase konnte man ja nur an andere mailbox.org-Adressen verschicken, aber der Rest ging schon, E-Mails empfangen und Konto in Thunderbird einbinden und einen Alias konnte ich auch schon anlegen. Das Webmail-Interface kannte ich ebenfalls schon, weil es dasselbe ist wie bei meinem Webspace-Provider. Kalender, Adressbuch, Todo-Listen und eine Webmeeting-Plattform gibt’s sogar auch noch, das brauch ich alles gar nicht.

Für mich wie gesagt reicht das einfache Paket, weil ich meine Mails mit POP abrufe und also nicht viel Speicherplatz auf dem Server benötige. Wer allerdings mit IMAP arbeiten will und viele Mails samt Anhängen aufheben will, der wird mit den wenigen GB nicht klarkommen. Oder wer mehr als drei Aliase braucht oder sonstwie höhere Ansprüche stellt.

Langer Rede kurzer Sinn: ich bin jetzt nicht mehr (nur) unter meiner @web.de-Adresse zu erreichen, sondern unter @mailbox.org. Aber das merkt ihr, wenn ihr mit mir im E-Mail-Austausch steht, über kurz oder lang sowieso von selber, weil ich ab sofort immer über die mailbox.org-Adresse zu antworten versuchen werde. Ich hab schon angefangen, bei all den vielen Websites, Shops und Online-Diensten meine E-Mail-Adresse umzustellen, und in absehbarer Zeit werde ich die web.de-Adressen dann komplett stilllegen. Nicht dass es dann heißt, ihr hättet nicht Bescheid gewusst.

Krischan am 6. März 2024

Beim Ändern meiner Kontaktinformationen auf all den ungezählten Websites, auf denen ich mir in den letzten Jahrzehnten ein Login angelegt habe, fällt mir eine erstaunliche Anzahl an Systemen auf, die mir zwar erlauben, die Kontakt-E-Mail zu ändern, dabei aber nicht das Login mit ändern, das ja in vielen Fällen auch einfach nur die E-Mail-Adresse ist und kein separater Benutzername. Sehr sinnvoll.

Bei manchen Websites ging das dann nur über Kontakt-Formulare oder Ticketsysteme oder mehrstufigen E-Mail-Verkehr. Und bei einigen warte ich immer noch auf Rückmeldung. Und bei anderen hieß es nur lapidar »Geht nicht, bitte neu registrieren«.