Bezahlte Meinung

Mir wurde in einem Briefumschlag verstecktes Bargeld zugeschickt.

Krischan am

Da kam nämlich vor einigen Wochen schon so komische Post. Von infas. Ah ja, Umfragen, sowas mach ich ja am Telefon manchmal mit, wenn ich Lust habe oder die Anrufer nett klingen oder das Anliegen plausibel erscheint und nicht meilenweit nach schlecht versteckten Marketing-Tricks stinkt. Aber dass die mir jetzt Post schicken? Woher haben die denn meine Adresse? Ich habe doch Widerspruch zur Verarbeitung und Weitergabe beim Meldeamt eingelegt? Frechigkeit.

Drin dann Blabla über »Wissenschaftliche Befragung« und »Gesellschaftsstudie« und ein angebliches »Deutsches Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung«, in dessen Auftrag das alles stattfindet und das ein albern buntes Logo in die Ecke des Briefbogens gemalt hat. Haha, und guck mal, ein »persönlicher Zugangscode« für eine Online-Befragung und das Versprechen von 10 Euro als Dankeschön. Wenn das nicht seriös ist.

Auf der zweiten Seite eine lange Erklärung zum Datenschutz und zur Vertraulichkeit meiner Angaben und wie die wo und von wem verarbeitet werden, die mich dann doch langsam stutzen ließ. Also kurz recherchiert und erkannt, aha, das ist ja doch alles ganz koscher, Bundesministerium pipapo, und die Paragraphen sind auch aufgelistet, die es ihnen erlaubt haben, im Interesse der Allgemeinheit meine Daten zu verwenden.

Na fein, also hingesurft, um mal zu gucken, was schon zu sehen ist, die einleitende Zeile hieß ja »in den kommenden Wochen startet« usw. Aber nee, war schon alles da, ich konnte meinen Zugangscode eingeben und loslegen. Allgemeine Fragen zum Thema Migration und wie ich dazu stehe und was ich davon halte. Ein paar Fragen fand ich ungünstig formuliert, aber irgendwie müssen die ja zum einen in ein einfaches Multiple-Choice-Schema passen und zum anderen auch in hinreichend einfach verständlicher Sprache formuliert sein, damit sie auch ohne Philosophie-Semester beantwortet werden können. Und da nach den Fragen zu meiner überwiegend positiven, neutralen oder negativen Einstellung zu Mitgliedern verschiedener Religionen und Ethnien dann auch die relativierende Frage nach meiner Einstellung zu Deutschen ohne Migrationshintergrund kam, brauchte ich also tatsächlich nicht so zu tun, als wäre die bloße Zugehörigkeit zu einer Religion oder die Herkunft aus einer bestimmten Ecke der Welt etwas, dass mich positiv voreingenommen macht. Wenn man alle gleich doof findet, ist man ja einfach nur ein stinknormaler Menschenfeind, aber kein Rassist, oder?

Zum Schluss durfte ich noch angeben, ob weitere Mitglieder meines Haushaltes von mehr als 14 Jahren auch bereit wären, an dieser und/oder zukünftigen Befragungen teilzunehmen, was die tatsächlich alle mit Ja beantwortet haben, die spekulieren wohl auch auf die Kohle, aber bislang ist da wohl noch nichts entsprechendes bei ihnen eingetrudelt, weder Fragebögen noch Einladungen noch Geldversprechen.

Und dann hatte ich in der Zwischenzeit schon alles fast wieder vergessen. Bis heute ein neuer Brief von infas kam. Eine Danksagung. Mit meiner Teilnahme habe ich einen wertvollen Beitrag für das Gelingen dieses Forschungsprojektes geleistet. Nochmals herzlichen Dank. Na toll. Aber sag mal, hatten die mir nicht eigentlich Geld versprochen? Ach da, noch ein kleiner Briefumschlag im Briefumschlag. Wo nochmal »Danke« draufsteht. Unter einer Geschenkpaket-Illustration. Was da drin? Nanu! Ein echter 10-Euro-Schein. Als Bargeld. Im Briefumschlag. Nicht sehr zerknittert, aber auch nicht druckfrisch. Isjanding.

Was mach ich nun damit? Nur falsche Antworten bitte.

Krischan am 16. April 2024

Und prompt kommt die nächste Umfrage um die Ecke. Rief gestern schon wer an, merkwürdigerweise über die Büro-Nummer. Heute dann nochmal, weil ich gestern grad keine Zeit hatte. Diesmal geht’s um »Leben in Deutschland«. In der ersten telefonischen Runde Fragen zum Haushalt und den Personen und Fahrzeugen, der zweite Teil kommt dann per Post und kann wieder online erledigt werden. Wofür sie natürlich wieder Kontaktdaten abgefragt haben, die ich aber zum Teil pseudonymisiert angeben konnte. Bin ich diesmal einem Bauernfänger aufgesessen? Funktioniert die Adressierung mit dem angegebenen Namenskürzel? Mal sehen.

Krischan am 25. April 2024

Nee, nicht richtig zugehört, es geht um Mobilität in Deutschland, wie mir die gerade eingetrudelte Mail mitteilt. Das ist nun tatsächlich was wichtiges, wie ich meine, da ist in den letzten Jahrzehnten ziemlich viel ziemlich falsch gemacht worden und also viel zu tun und umzukrempeln, um den Mensch wieder in den Mittelpunkt zu stellen statt den ungestörten Fluss des motorisierten Individualverkehrs. Aber ich fürchte, die politischen Entscheider interessiert die wissenschaftliche Meinung dazu dann am Ende doch nicht, siehe die »neueste« Berliner Verkehrspolitik. Brummbrumm.