Strafbefehl

Der Angeklagte ist nicht erschienen.

Krischan am

Es stand heute eh nur ein Fall auf der Liste. Der Richter erzählte in der Wartezeit noch, er hätte den Rechtsanwälten den Termin angeboten wie Sauerbier, aber niemand hätte Interesse gehabt. Die junge Staatsanwältin (Kannte ich die schon? Die Brille war mir auf jeden Fall neu.) gab zu bedenken, dass es in der Ferienzeit aber ohnehin schwierig sei, Zeugen vorzuladen, weil die alle im Urlaub seien, gerade auch die Polizisten. Haben wir ja so ähnlich auch schon erlebt.

Jedenfalls mal wieder Handel mit nicht geringen Mengen von Betäubungsmitteln, was anderes verhandeln wir ja hier fast gar nicht. Die Wohnung eines mutmaßlichen Käufers wurde beobachtet, der Beschuldigte kam und ging und hatte bei Verlassen ein paar Röhrchen Amphetamin dabei. Das hat er natürlich als Eigenbedarf reklamiert, ein konkreter Verkauf wurde ja auch nicht beobachtet. Bei ihm zu Hause fand man dann aber große Mengen Gras, knapp vierhundert Gramm, das ist nach wie vor nicht legal.

Der Rechtsanwalt jedenfalls war beizeiten da, und bei Eröffnung des Verfahrens bzw. Beginn der Verhandlung kam mit ihm noch ein jungscher Kerl mit in den Saal, das konnte aber schon vom augenscheinlichen Alter her nicht der Angeklagte sein, der laut Akten in den Achtzigern auf die Welt kam, sondern er wurde als Praktikant (Oder wars irgendeine andere ~ant-Bezeichnung?) vorgestellt und nahm auf der Zeugenbank Platz. Nach kurzer Verständigung der Staatsanwältin mit dem Rechtsanwalt und dem vorsitzenden Richter beantragte diese einen Strafbefehl zu erlassen, auf sieben Monate Haft, auszusetzen auf zwei Jahre Bewährung. Das haben wir Richter sehr kurz beraten und dann genau so angenommen, der Rechtsanwalt erklärte sich noch mit der außergerichtlichen Einziehung der aufgefundenen Substanzen einverstanden, die Verhandlung war also nach fünf Minuten schon wieder zu Ende.

In einfachen Fällen, wenn der Sachverhalt von der Staatsanwaltschaft als erwiesen angesehen wird, kann nämlich auch ohne Hauptverhandlung ein schriftliches Urteil ergehen, gegen das dann innerhalb von zwei Wochen Einspruch erhoben werden kann. Das ist nicht nur schneller und billiger für alle Beteiligten, sondern setzt den Beschuldigten dann halt unter Druck, gegebenenfalls aktiv zu werden, wenn er es schon nicht für nötig hält, zur Verhandlung zu erscheinen oder seine Abwesenheit zu entschuldigen.