Da hab ich sie nun, die umstrittene Starbucks-CD von Sonic Youth. (Kommentar der Band: bei Universal zu veröffentlichen ist doch viel schlimmer! Und sie finden die Absurdität, dass ihre Musik bei Starbucks läuft und verkauft wird, ebenso interessant wie die Möglichkeit, neues Publikum zu erreichen.) Aber der CD-Titel sagt dann ja eigentlich auch alles.
Die Herausgeber haben zwei Dutzend Promis – Musiker, Schriftsteller, Schauspieler – gebeten, ihre Lieblingssongs von Sonic Youth auszuwählen. Und von jedem haben sie dann im Booklet noch den Senf sowie Anekdoten und Mythen zum jeweiligen Song mitgegeben.
Herausgekommen ist eine schöne, wenn auch (natürlich) ziemlich poppige Zusammenstellung, die sich vor allem auf die populäre Phase Anfang der Neunziger konzentriert. Aber auch frühere Sachen sind dabei, neuere dagegen nur drei. Und am Ende gibt es noch ein unveröffentlichtes Stück, das extra für diese CD aufgenommen wurde.
Los geht es mit »Bull In The Heather« von der 1994er Platte »Experimental Jet Set, Trash And No Star«, ausgewählt von der Schauspielerin Catherine Keener, weil sie sich da immer so herrlich bedürftig fühlt.
»100%« vom 1992er Album »Dirty« wurde von Mike D, dem Sänger der Beastie Boys ausgesucht, weil er Thurston Moores Gesang so herausragend findet.
»Sugar Kane«, ebenfalls ein »Dirty«-Song, wurde von Beck (dem Sänger, nicht dem Komissar/ Verlag/ Brauer/ Karikaturist) ausgesucht, weil er den Refrain cool findet und wie die Gitarren da aufbrechen und sich aufschrauben … Er hätte aber auch jeden anderen Song gewählt. (Kennt jemand das Video von Sonic Youth, wo Thurston Moore ein mit »I am not Beck« beschriftetes T-Shirt trägt? Er ist genervt, immer wieder mit dem jüngeren und viel kleineren Loser verwechselt zu werden.)
»Kool Thing« ist von der »Goo« aus dem Jahre 1990, dem ersten Major-Album der Band, und wurde von der Band Radiohead ausgewählt, weil sie das Gitarren-Riff, das Schlagzeugspiel und den Text mögen, und dass Chuck D im Hintergrund seine Klischees runterleiert.
»Disappearer«, ebenfalls vom »Goo«-Album, wurde von Portia de Rossi, einer australischen Schauspielerin, ausgesucht wegen der hypnotischen Kräfte.
»Superstar«, das Carpenters-Cover aus dem Jahr 1994, hat Diablo Cody, die Autorin des Films »Juno«, auf dessen Soundtrack das Stück ja auch auftaucht, ausgewählt. Sie war damals 15 und fand es cool, dass Thurston Moore den Song singt.
»Stones« ist ein Song des Albums »Sonic Nurse« von 2004 und wurde von Allison Anders ausgesucht. Das ist ein Regisseur, der den Song beim Autofahren mit seiner Tochter gehört und darauf seine Unterhaltung mit ihr unterbrochen hat.
»Tuff Gnarl« ist auf dem Album »Sister« von 1987 und wurde von Dave Eggers, einem Schriftsteller, wegen der Schreibweise des Wortes »tough« ausgewählt. Mike Watt, der bei mehreren Sonic-Youth-Alben mitgewirkt hat und auch richtiges Bandmitglied bei Ciccone Youth war, hat sich ebenfalls für diesen Song entschieden und geärgert, dass er mit dieser Wahl nicht der erste und einzige war.
»Teenage Riot« ist der erste Song von »Daydream Nation«, dem 1988er Album von Sonic Youth, und wurde von Eddie Vedder, dem Sänger der Band Pearl Jam ausgesucht, der den Song zum Putzen der Wohnung benutzt.
»Shadow Of A Doubt« ist vom Album »Evol« aus dem Jahr 1986, und Michelle Williams, eine Schauspielerin, hat sich für diesen Song entschieden, weil er sie an die Zeit erinnert, als sie nach New York gekommen ist.
»Rain On Tin« ist auf »Murray Street«, dem Album von 2002 zu finden, und Flea, der Bassist der Red Hot Chili Peppers, hat diesen Song ausgewählt, weil er so episch ist.
»Tom Violence« ist wieder von der »Evol« und wurde von dem Regisseur Gus van Sant ausgesucht, weil seine kleine Schwester mal in einer Band gespielt hat, die so klingen wollten.
»Mary-Christ« ist auf der »Goo« und von David Cross, einem Schauspieler und Komiker, für diese Compilation ausgewählt worden. Er denkt dabei an Biertrinken und Wäschewaschen.
»The World Looks Red« ist ein altes Stück vom 1983er Album »Confusion Is Sex«. Chloë Sevigny, eine Schauspielerin, die im Video zu »Sugar Kane« die Hauptrolle spielt und auch schon für Kim Gordons Mode-Label gearbeitet hat, hat sich für diesen Song entschieden: Sie will ihre Kleider und ihr Fleisch abschütteln. (Meint sie nicht vielleicht eigentlich den Song »Shaking Hell«?)
»Expressway To Yr Skull« ist schon wieder von der »Evol« und gefällt den Flaming Lips am besten, weil Sonic Youth hier nicht auf dem Griffbrett ihrer Gitarren Griffe greifen, sondern stattdessen von hinten an die Hälse schlagen.
»Slow Revolution« ist ein neues, nettes, reichlich sechs Minuten lang planlos vor sich hin mäanderndes Stück Jamsession mit Echo-Gitarren und verhalltem Gesang von Kim Gordon.
Das Foto auf dem Cover ist von Stefano Giovannini, der u.a. auch schon das Coverfoto der »Murray Street« gemacht hat. In seinem Portfolio finden sich aber noch weitere Fotos von und um Sonic Youth.
Tracks
- Bull In The Heather
- 100%
- Sugar Kane
- Kool Thing
- Disappearer
- Superstar
- Stones
- Tuff Gnarl
- Teenage Riot
- Shadow Of A Doubt
- Rain On Tin
- Tom Violence
- Mary-Christ
- The World Looks Red
- Expressway To Yr Skull
- Slow Revolution