Americanism

Band
various artists: The Dream Syndicate / Green On Red / The Long Ryders / Sonic Youth / The Connells / Thin White Rope / Miracle Legion / ’Til Tuesday / American Music Club / The Golden Palominos / Giant Sand / Danny & Dusty / E.I.E.I.O. / The Beat Farmers / The Band Of Blacky Ranchette / The dB’s
Format
CD
Jahr
1996
Label
Nectar Masters
Kennung
NTMCD 509
Zusatz
achtseitiges Booklet

Krischan am

Meine erste Reaktion auf solche Titel und Coverbilder wird natürlich stark von meinem ausgeprägten Antinationalismus bestimmt, verbunden mit der Empörung darüber, eine Band wie Sonic Youth dabei ungeniert mit in eine solch dreckige Schublade zu stecken. Bei weiterer Überlegung schleichen sich dann aber Angebote zu diversen Ausreden in meinen Kopf, dass es ja auch rein kulturelle Interpretationen geben könne: ein Anglizismus etwa hat ja auch nix mit der Nation England zu tun, sondern nur mit der Sprache. Und was hier verhandelt werden soll, ist ja eine Spielart der Rockmusik, die in einem abgegrenzten zeitlichen und räumlichen Zusammenhang entstand, nämlich in den Achtziger Jahren in (den Vereinigten Staaten von) Amerika.

Laut Booklet-Text will diese CD nämlich das Verbindungsglied zwischen Country und Psychedelic-Rock auf der einen und New Wave auf der anderen Seite beleuchten und diese Schnittstelle als Vorläufer des – das konnte man sich offenbar auch im Jahre 1996 noch nicht verkneifen – Grunge ausweisen. Zu hören gibt es dann aber trotzdem zum einen die in meinen Ohren seit Jahrzehnten unveränderte Altherren-Rockmusik, fest in klassischen Songstrukturen und Gitarrenriffs verankerte Songs, die zum überwiegenden Teil durch ihre Beliebigkeit eine Einordnung in ein Entstehungsjahrzehnt eigentlich unmöglich machen, zum anderen typische Achtzigerjahre-Popstückchen, die den eher aus England stammenden Einfluss des New Wave aufnehmen, der sich aber eigentlich nur in der Instrumentierung und soundtechnischen Produktion niederschlägt, und nicht in einer substanziellen Änderung des Songwritings. Aber das ist ja beim Reiseziel Grunge auch nicht anders.

Wo Sonic Youth dann wie üblich nicht reinpasst, die als einzige Band auf dieser Compilation aus dem New Yorker No-Wave-Umfeld stammt und ganz was anderes abliefert als Strophe-Refrain-Songs aus gefälliger Schönheit und handwerklicher Raffinesse in Dur oder Moll, sondern von Dissonanzen und ungewöhnlichen Arten des Gitarrenspiels getriebene Klang-Eskapaden, auf der Suche nach einer dem Thema gemäßen Ästhetik, hier auch noch wirkungsvoll unterstützt vom durchgeknallten Nerv-Gesang von Lydia Lunch.

Das Coverbild ihres ’85-er Albums »Bad Moon Rising« – die alberne Vogelscheuche mit dem brennenden Halloween-Kopf vor einer abendlichen Skyline – hat es auf die Innenseite des Trays geschafft.

Aber Titel und Frontcover bleiben ein Griff ins nationalistische Klo. Dargestellt ist eine Nationalflagge, das eindeutigste und unmissverständlichste Symbol des Nationalismus’. Und der Begriff Amerikanismus hat zwar (auch im Englischen) eine etwas weiter gefasste, im Gegensatz zum Anglizismus aber eindeutig patriotische Bedeutung, die über die bloße Übernahme von Vokabeln, Floskeln oder Satzbauten hinausgeht.

Tracks

  1. Forest For The Trees [The Dream Syndicate]
  2. Keith Can’t Read [Green On Red]
  3. Tell It To The Judge On Sunday [The Long Ryders]
  4. Death Valley ’69 [Sonic Youth & Lydia Lunch]
  5. Darker Days [The Connells]
  6. Red Sun [Thin White Rope]
  7. Storyteller [Miracle Legion]
  8. Love In A Vacuum [’Til Tuesday]
  9. Firefly [American Music Club]
  10. Boy Go [The Golden Palominos]
  11. Barrio [Giant Sand]
  12. Bend In The Road [Danny & Dusty]
  13. Andy Warhol’s Dead, But I’m Not [E.I.E.I.O.]
  14. There She Goes Again [The Beat Farmers]
  15. Moon Over Memphis [The Band Of Blacky Ranchette]
  16. Bad Reputation [The dB’s]

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