Kennt jemand Killed On X-Mas? Wohl kaum. Was ich wirklich schade finde. Oder zumindest verwunderlich. Für mich war das seinerzeit eine echte Entdeckung: Noise-Core hab ich sowas immer genannt. Ulan Bator aus Frankreich war ähnlich. Aber die Rostocker hier können sowas auch. Krachende Gitarren, aber überhaupt nicht punkig oder metalig. Dafür Monotonie und Experiment, Klänge und Rhythmen. Lange Stücke voll Düsternis und Verzweiflung. Gitarrenwände sehr schön im Vordergrund, Gesang eher nebensächlich, treibendes Schlagzeug, Wah-Pedale. Und ein Sample aus Jim Jarmuschs »Dead Man«. Was kann es schöneres geben.
Das 94er Album hab ich schon länger – wobei ich mir das gar nicht selbst besorgt, sondern der Katharina aus den Rippen geleiert habe –, das hab ich in der ganzen Zeit seit den Neunzigern immer wieder oft und gern gehört. Auch wenn der Sound dort ein bisschen zu dumpf mumpft: viel Bass war natürlich wichtig bei so finsterer Musik, aber leider für mittlere Lautstärken auf handelsüblichen Heim-Stereo-Anlagen suboptimal abgemischt. Aber egal, die Musik war dufte, und jetzt bin ich, von der Präsenz bei Bandcamp angefixt, in meiner Komplettierungswut auf der Suche nach den anderen Alben. Dem einen, das es dann noch gibt.
Live hab ich sie mal im Star Club gesehen, da hats mich wirklich hingerissen. Danach hat dann als Hauptband Low gespielt, mit denen ich damals so gar nichts anfangen konnte und wo ich auch die Kombination mit der Vorband nicht verstanden habe. Da sind wir (Wer noch? Christl und Lars?) laut pöbelnd im ersten oder zweiten Song aus dem nicht sehr vollen Saal gestiefelt, bei der stillen Musik für alle Beteiligten gut hörbar, das war ja mal echt panne. Naja, die Jugend.
Und bei unserem Auftritt auf dem im Rostocker Hafen liegenden Schiff MS Stubnitz haben wir seinerzeit – im Frühjahr 2001 wars, les ich grad – bei einem Typen aus der Band übernachtet, meine ich mich zu erinnern. (Oder haben wir ihn nur besucht und nach einer Penne gefragt? Ich meine mich auch zu erinnern, dass wir versucht haben, nach dem Gig auf dem Schiff zu schlafen, was aber wegen der im Anschluss ans Konzert stattfindenden Techno-Party im Grunde gar nicht möglich war.) Dort hat mich bei den Gesprächen mal wieder überrascht, dass man in der alternativen Musikszene politisch gar nicht zwangsläufig auf der Seite der Linken stehen muss, sondern auch »beide Seiten« gleich doof finden kann. Wer ein paar Jahre älter ist als ich, war natürlich auch schon in der Lage, echte schlechte Erfahrungen mit dem real existierenden Sozialismus der DDR zu machen, da kann man dann hinterher gern alle linken Ideen für Murks halten. Weiß ich jetzt nicht, ob das in dem Fall so war; mancher kann das auch einfach so. Passt ja schließlich zur apokalyptischen und an vielen Stellen mit christlichen Symbolen spielenden Musik und der offenbar dahinterstehenden grundsätzlich ablehnenden und pessimistischen Sicht auf die Welt.
Aber die Musik, wie gesagt: spitze!
Tracks
- Empire
- Arroganz
- Die Wand
- Terra Incognita