Fette Kiste! Zum eher unüblichen 21. Jubiläum oder zur gemogelten 1000. Katalognummer schmeißt Matador eine schwere Box unters Volk: eine eigenartig graue Box mit Silberdruck und Klappdeckel, darin sechs leuchtend rote DigiPaks mit Golddruck (Weihnachten?), ein schwarzes Bookletbuch im gleichen Format sowie eine eingeklebte schwarze Pappschale mit drei eingeschweißten, jeweils zwölfteiligen Paketen schwarz-weiß-roter Pokerchips in den Werten ein, fünf bzw. zehn Dollar. Große silberne Aufkleber auf der Einschweißfolie der Box verkünden dem unentschlossenen Käufer die Titellisten.
Die Verarbeitung lässt dann aber doch zu wünschen übrig (ist das bei allen so, oder nur bei der ersten etwas billigeren Auflage, oder ist mein Exemplar nur über Gebühr von der Post herumgeworfen worden?): das Papier, mit dem die Box kaschiert wurde, ist am Deckel und vor allem an der scharnierenden Verbindung eingerissen, der Pappträger für die Chips klebt nicht ordentlich am Inneren fest, das Papier des dicken Booklets sieht ein wenig schäbig aus, die DigiPaks sind ungenau zusammengebaut und ein bisschen verdrückt. Aber es steht ja auch auf dem kleinen ovalen güldenen Aufkleber auf der Einschweißfolie der Pokermünzen drauf: Made In China.
Aber es geht doch um die Musik! (Spätestens bei so einer Box ist diese Aussage natürlich dusseliger Quark: Dann könnte man sich ja auch einfach ein paar MP3s herunterladen!) Was gibt es also zu hören?
Die erste CD »The Pre-Dawn« offenbart den prägenden Charakter des Independent-Labels mit den frühen Helden des amerikanischen Undergrounds (1989–1992), später auch Alternative genannt: schluffiger Träumer-Indie, enthusiastischer Indie-Punk, schräger Punk-Blues, bratzelnder Lofi-Rock, durchaus laut, aber ohne dumpfe Agressivität. CD 2 »The Years Of Milk And Honey« umfasst die Jahre der Partnerschaft mit Atlantic (1993–1995), betritt musikalisch kein Neuland, wird aber immer besser: lauter Hits von lauter Lieblingsbands, ich fange an zu schwärmen.
Auf der dritten CD »Days Of Whiskey And Tears«, die sich der Zeit von 1996 bis 2001 widmet, in der sich Matador in kurzzeitigem Teilbesitz von Capitol befand, kommen die unvermeidlichen elektronische Einflüsse dazu, in Reinform oder als Beats hinter der zumeist kaum veränderten, aber insgesamt nicht mehr ganz so mitreißenden Musik. Oder als abschweifender Post-Rock. Oder sogar als lupenreiner Hiphop, wieso das denn? »Don’t Call It A Comeback« heißt die vierte CD über die Jahre 2002–2007, in der sich das Label in den Kreis der Beggars Group begab, und fügt dem musikalischen Spektrum ein paar metallische Tupfer und einen Telefonstreich hinzu.
CD Nummer fünf namens »Matador Today« bespielt die Jahre nach 2008 und packt erstmal eine meternde Gitarre aus, bevor Sonic Youth zu Wort kommen und sich mit ihrem geradeaus rockenden und verhältnismäßig unkomplizierten Song tatsächlich gut in den Labelsound einfügen. Aber kann man noch von einem typischen Sound sprechen, wenn zwischendurch komische Dancekacke kommt? CD 6 kommt mit »Unreleased Live Recordings From The 10th Anniversary Concerts, New York City, September 1999«, auf dem vor allem Pavement zu hören ist: zweifellos das Zugpferd des Labels.
Musste hamm! Obwohl: kostet neu 50 Euro.
Tracks
- Everything Flows
- Dancing Days
- Slack Motherfucker
- Throw The Bottle Full
- These Streets
- Fast Piss Blues
- Kid’s Allright
- Cut Off The Drug Czar’s Head
- More Glee
- This Town
- Compression Of The Species
- Mr. Foster’s Shoes
- The Today Song
- Perfume-V
- Afro
- Big Day Coming
- The Ballad Of Railroad Jerk
- Superball
- Baby Love Child
- Mesmerizing
- Silence Kit
- Game Of Pricks
- Whole Wide World
- Peeled Out Too Late
- String
- Secondhand Clothes
- Midnight Violence Rock’n Roll
- Back Again
- Rumination
- Telephasic Workshop
- Waiting For The Kid To Come Out
- Autumn Sweater
- You Must Be Stopped
- Tarnished Angel
- Flavor Part 1 (Video)
- Fliegen
- American Flag
- We Rule The School
- Helps Both Ways
- Backdraft
- ’Bout That Time
- Tone Twilight Zone
- Flesh & Blood
- You Are A Light
- Blood
- L.A.S.I.K.
- Hands Away
- He War
- Today Is The Day
- From Blown Speakers
- Fix Up, Look Sharp
- Good Moanin’
- Kids Will Be Skeletons
- The Setup
- Death Is The Answer
- Dress Up In You
- All Medicated Geniuses
- Love & Communication
- Johnny Viola
- Everybody Daylight
- You Broke My Heart
- Tonight We Ride
- Just Farr A Laugh: The Yogurt Machine
- Discretion Grove
- Son The Father
- Sacred Trickster
- Amplifier
- Nothing To Hide
- There Is No Sun
- Move To California
- Friendly Ghost
- Bottled In Cork
- My Shepherd
- Youth And Lust
- Summer Well
- Castaways
- Marching Song
- Lust For Life
- Superball
- Stay Close
- Metal Heart
- Learning
- Real Emotional Trash
- Here
- Trigger Cut
- The Hexx
- She Believes
- Unfair
- Zurich Is Stained
- Debris Slide
- Spit On A Stranger
- New Coats
- Walking Stick Man
- Tommy Gun Angel
- Good Woman
- Naked, If I Want To
- You May Know Him / Sea Of Love
- Ex-Cowboy