Sojourner

Band
Magnolia Electric Co.
Format
2 LP + 2 12"
Jahr
2023
Label
Secretly Canadian
Kennung
SC 150 LP
Zusatz
mit Poster in Holzkiste, Download-Code

Krischan am

Recordings from a prolific era in Jason Molina’s career, the Sojourner deluxe edition wooden box set features tracks from the Nashville Moon, Black Ram, Sun Session, and Shohola sessions and is accompanied by a vibrant constellation map.

Sackteuer, aber vier dicke Platten in schicker Aufmachung zusammen mit einem Poster in einer schönen Holzkiste, das ist doch was. Hatte ja lange überlegt, ob ich die (günstigere) Box in der CD-Version nicht vielleicht doch mal kaufen sollte, weil im Unterschied zu der ebenfalls schönen und teuren Songs-Ohia-Singles-Box mit weitestgehend unveröffentlichtem Material und eben: Holzkiste; in der jetzt endlich doch verfügbaren Schallplatten-Version hab ich dann natürlich erst recht zugelangt. War zuerst noch am zweifeln, ob das bei der Größe wirklich eine Holzkiste ist und hatte eher vermutet, die Holzmaserung wäre nur auf eine Pappbox aufgedruckt, aber nein. Und die Aufnahmen sind auch von der guten Sorte, obwohl man das bei dieser seiner letzten Band von Jason Molina ja nicht unbedingt erwarten darf, so albern bluesrockig wie die zum Teil unterwegs war.

Hier könnte eigentlich ein Bandcamp-Player hin.

Für die erste Platte gilt das auch noch nicht so ganz, hier durfte bei der Nashville Moon genannten Aufnahme noch die ganze Band an Klavier und Steel-Guitar und lauter weiteren Instrumenten mitspielen und die Songs des zukünftigen Albums »Fading Trails« genauso ausprobieren wie ein paar des vergangenen »What Comes After The Blues«, zum Beispiel den auf der Platte ja gar nicht vorkommenden Titelsong. Beim dritten Song werden sie aber langsamer und leiser und zurückhaltender und nehmen deutlich was von der Schunkeligkeit zurück, so dass es (vorübergehend) nicht nur erträglich wird, sondern sogar richtig gut und genau so, wie es meiner bescheidenen Meinung nach schließlich sein soll, nicht umsonst ist das später der Opener des o.g. Albums geworden. Warum hat es »Texas 71« nicht aufs Album geschafft? Aufgenommen mit und von und bei Steve Albini im Electrical Audio Studio, Chicago.

Die zweite Platte enthält die Black Ram genannte Session mit ganz anderem Personal (aufgenommen in Richmond, Virginia, mit Musikern von dort, die sonst in zum Teil durchaus bekannten Bands spielen) und völlig anderem Sound: fast schon postrockig zurückhaltend in Szene gesetzt, etwas langsamer, dunkel, weich und warm und nur wenig Drums an den Stellen, wo sonst nichts benötigt wird, lauter und alternative-rockig knarzend an denen, wo es angebracht ist. Und dazwischen immer wieder die blechern klingende Klampfe mit den sparsamen molligen Akkorden, das klingt auch dank des typischen Drum-Schemas sehr viel mehr nach Songs: Ohia als nach Magnolia Electric Co. – soll heißen: sehr viel besser –, schade, dass davon nur zwei Songs auf das Album gekommen sind, aber dafür gibt es ja jetzt diese Box. Das letzte und trotz der fragmentarisch unfertigen Struktur schönste Stück nur mit Gesang und Klavier, viel Raum und Traurigkeit auf der gebrochenen Stimme und den schief hallenden Akkorden.

Die dritte Platte dreht sich schneller, weil die sogenannte Sun Session nur vier Stücke enthält, die wieder mit der originalen Magnolia-Besetzung eingespielt wurden, nur diesmal in den berühmten Sun Studios in Memphis, Tennessee. Die Stücke atmen also wieder einen etwas schunkeligeren Americana-Stil, halten sich aber dank des etwas kleineren Instrumentariums vergleichsweise zurück. Das sozusagene Titelstück der Band mit Klavier und Bass und Besen-Drums war das letzte auf der letzten Songs-Ohia-Platte »The Magnolia Electric Co«, nach der sich die Band dann umbenannt hat. Und warum hammse das letzte schöne Stück mit den wabernden Orgelklängen nicht mit aufs Album gepackt?

Auch die letzte Platte dreht sich mit 45 Umdrehungen die Minute. Hier sitzt Jason Molina allein mit seiner Klampfe zu Hause und muss (und kann) sich ganz auf das Songwriting verlassen. Und auf seine Stimme und seine Art zu singen und den blechernen Klang seiner Gitarre und wie er die spielt. Die Aufnahme namens Shohola ist nur so lofi, da konnte auch das Mastering im Studio nicht mehr allzu viel machen, aber das Rauschen und die Hintergrundgeräusche und der direkte Eindruck des Vortrags machen ja genau den Reiz solcher Aufnahmen aus. Vogelgezwitscher ist aber diesmal nicht zu hören. Auch hier hätte ich vermutlich andere Songs auf die Platte gebracht, der letzte der A-Seite oder zweite der B-Seite gefällt mir zum Beispiel viel besser als die ersten beiden, aber was weiß ich schon; man muss ja dann auch das Endergebnis im Ganzen sehen.

Das sind übrigens keine Probe-Aufnahmen für das Fading-Trails-Album, das hatte ich zwischendurch falsch verstanden, sondern die vollständigen oder jedenfalls umfangreicheren Sessions, aus denen die Songs für das Albums dann direkt ausgewählt wurden. Vier recht unterschiedliche Aufnahmen, die man eigentlich gar nicht in ein einziges Album gießen kann: gniedeliger Country-Bues-Rock mit melancholischer Schlagseite und herzerweichenden Balladen-Momenten, sorgsam aktzentuierter Alternative-Rock mit dunkel angezerrten Gitarren und schönen Laut-Leise-Wechseln, klavierlastiger Americana und der immer wieder beinahe am besten funktionierende Heulsusen-Singer-Songwriter mit seiner Gitarre alleine zu Hause in der Küche.

Die Kiste verwendet dieselbe Katalognummer wie die CD-Version von 2007, nur mit einem spezifizierenden Suffix, die Platten selber haben aber eigene, neue Nummern: SC 471–4. Die CD-Version hatte noch ein Medaillon dabei, das hier leider fehlt, aber ja auch irgendwo sicher in der großen Box verstaut werden müsste, um nicht herumzuklappern und die Plattenhüllen zu zerbeulen. Das Poster benötigt dafür hier nur zwei Falzkanten. Die gefütterten Innenhüllen sind so schwarz wie die Musik. Und um die Platten bequem aus der Kiste holen zu können, ist an der linken Kante ein langes geschenkbandähnliches schwarzes Textilband eingeklebt, auf das man die Platten legt und das diese dann schräg anhebt, wenn man am oben aufliegenden rechten Ende zieht; wie nennt man sowas?

Leider haben sie hier den Fehler der CD-Version wiederholt und den Rahmen der Kiste aus anderem Holz gebaut als den Boden und Deckel, so dass über kurz oder lang ein in meinen Augen unschöner Farbunterschied entsteht. Aber ich mag ja diese eklig rosafarbige Buche des Rahmens ganz grundsätzlich nicht, das helle Birkenholz der Platten dagegen sehr wohl. Der »Deckel« ist übrigens nicht zum Klappen oder Draufstülpen oder so, sondern läuft als eine Art Schiebeboden in einer Nut und kann an der oberen Seite heraus- und wieder hineingeschoben werden; wie nennt man sowas?

Die Kiste passt gerade so nicht zu den anderen Platten in mein Billy-Regal. Nun muss ich überlegen, wohin damit.

Tracks

  1. Lonesome Valley
  2. Montgomery
  3. Don’t Fade On Me
  4. Hammer Down
  5. No Moon On The Water
  6. Nashville Moon
  7. What Comes After The Blues
  8. Don’t This Look Like The Dark
  9. North Star
  10. Bowery
  11. Texas 71
  12. Down The Wrong Road Both Ways
  13. In The Human World
  14. The Black Ram
  15. What’s Broken Becomes Better
  16. Will-O-The-Wisp
  17. Kanawha
  18. A Little At A Time
  19. Blackbird
  20. And The Moon Hits The Water
  21. The Old Horizon
  22. Talk To Me Devil, Again
  23. Memphis Moon
  24. Hold On Magnolia
  25. Trouble In Mind
  26. Steady Now
  27. Spanish Moon Fall And Rise
  28. Night Country
  29. Shiloh Temple Bell
  30. The Spell
  31. Take One Thing Along
  32. The Lamb’s Song
  33. Roll The Wheel

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