Joi-joi, die Deluxe-Ausgabe: Doppelvinyl. Mit CD. Und DVD. Und einer Bonus-Single. Und einem vierseitigen Heftchen. Und einem riesigen Aufkleber auf der Einschweißfolie, der das sonst unbeschriftete Cover mit Informationen über Band und Titel und die Luxuriösität dieser Ausgabe versieht:
This Multiple Disc De-Luxe Release Features The Twenty-Track Album On A Double Heavy-Weight LP, A CD And A DVD. Also Includes A Bonus 7" Single Containing Acoustic Versions And Lyrics To All The Songs.
Eine verhältnismäßig neue Platte, die ich schon länger als digitale Ausgabe kenne (Woher eigentlich? Auf bandcamp ist sie nicht mehr zu finden.) und vor allem für den für die Band sehr ungewohnt postrockigen Anfang mag: wie sich da langsam repetitive Strukturen aus Gitarren und Klavier über dem Beckengezischel aufbauen, bevor im Midtempo die Gitarren schwere Akkorde erklingen lassen und düstere Keyboardläufe apokalyptische Stimmung verbreiten, danach mathig-stoische Drums mit Automatenstimme, das könnte mit etwas mehr Bumms auch Shellac sein. Und auf einmal weiter mit glockenklarer Mädchenstimme im verhallten Kuschelmodus, da käme man genausowenig auf die Idee, es hier mit der Schrammel-Indie-Band zu tun zu haben. Aber es klingt gut, kannste sagen, wassde willst.
Das vierte Stück mit Klavier-Intro und Streicher-Einsatz könnte in jedem gefühligen skandinavischen Film Verwendung finden, und erst das fünfte zückt schließlich mit schrammeligen Gitarren und David Gedges Gesang das typische Wedding-Present-Blatt aus den eher ganz alten Tagen. Schön. Sehr schön.
So bleibt das dann auch mehr oder weniger, wogegen ja nichts zu sagen ist. Mal ein bisschen flotter, mal ein bisschen kuscheliger, aber immer sehr schön. Die Frauenstimme als regelmäßig auftauchende Ergänzung zur fröhlichen Melodieführung hat sich ja nun auch schon fast eingebürgert, das ist die Bassistin, die aber wohl gar nicht immer oder fest dabei ist. Oder haben sie jetzt eine andere? Egal, hier passt das tatsächlich.
Aber eine Doppelplatte ist natürlich ganz schön lang. Da wäre eine weitere Abwechslung schon ganz schön gewesen. Hätte man die vier Ausnahmestücke auf die vier Seiten verteilen sollen, auf jeder Seite eins an den Anfang, oder wären sie dann als bloßes Füllmaterial untergegangen? Das sehr lang geratene und monotone und über weite Strecken einem Schlaflied gleichende letzte Stück auf der D-Seite tut’s dann aber paradoxerweise auch.
Die Bonus-Single enthält vier Songs des Albums in anderen Versionen: Klavier statt Gitarre, keine Drums; komische Synthesizer statt Gitarre (wieso steht da »acoustic« dran?), aber mit Drums; Akustikgitarre und Klavier und Drums; Streicher und Klavier, wieder ohne Drums, dafür mit reichlich billigem Kitsch. Versuche, die als gescheitert betrachtet werden müssen und deshalb folgerichtig auf einer Bonus-Single gelandet sind.
Die CD enthält alle Songs des Albums nochmal in digital, und auf der DVD ist zu jedem Song ein Filmchen zu sehen: bewegte Standbilder zum Thema Wasser: Brandung, Wellen, Brücken, Regenpfützen, Bäche und Seen, Tropfen, Wolken, Sonnenuntergang am Meer.
Das Cover zeigt lauter schwarzweiße Wolken- und grünliche Landschafts- und regennasse Straßenbilder, da hat wohl jemand auf der Tour durch das verregnete Großbritannien aus dem Busfenster geknipst? Nee, die Songs des Albums beziehen sich laut Wikipedia auf eine Reise durch Nordamerika (das sind tatsächlich alles Ortsnamen), die David Gedge vorher wirklich unternommen hat, und zwar gemeinsam mit der Fotografin, von der diese Bilder (und die Videos auf der DVD) stammen: Jessica McMillan. Das erklärt dann auch die Andersartigkeit des Albums: ein Konzept-Album, bei dem die Bilder zuerst da waren und die Songs eher als Filmmusik funktionieren; oder wurden die halbfertigen Songs dann »nur« nochmal den Videos angepasst?
Tracks
- Kittery
- Greenland
- Marblehead
- Sprague
- Two Bridges
- Little Silver
- Bear
- Secretary
- Birdsnest
- Kill Devil Hills
- Bells
- Fifty-Six
- Fordland
- Emporia
- Broken Bow
- Lead
- Ten Sleep
- Wales
- Rachel
- Santa Monica
- Bells (Piano Version)
- Broken Bow (Acoustic Version)
- Rachel (Acoustic Version)
- Little Silver (Piano Quintet Version)