Girl In A Band

Gordon, Kim; Bielfeldt, Kathrin (Übers.); Bürger, Jürgen (Übers.). Girl In A Band. Eine Autobiographie. Köln: Kiepenheuer & Witsch, 2015. 978-3-462-047848-6

Krischan am

Eine Autobiographie

Ich hatte ja einen Moment überlegt, ob ich vielleicht doch lieber die Originalausgabe in Englisch lesen will, aber dann war mir doch klar, dass ich gar nicht so supergut Englisch kann, dass ich davon irgendwas hätte. Ich hätte es ein paar Wochen eher kaufen können, hätte dafür aber länger gebraucht zum Lesen und vielleicht nicht alles komplett bis ins letzte Detail verstanden. Hoffen wir also, dass die Übersetzer in der kurzen Zeit eine gute Arbeit abgeliefert haben.

Ziemlich kontrovers wurde das Buch ja bereits diskutiert: zu viel Privatleben, zu emotional in der Selbstdarstellung der betrogenen Ehefrau, zu offen in der Entblößung des untreuen Ehemanns. Andererseits soll die Erzählung der Familien- und Bandgeschichte und die Einordnung der Lebenserinnerungen in die kalifornische und New Yorker Kunstwelt seit den Siebziger Jahren sehr lesenswert sein.

Kim Gordon, Bassistin und Sängerin der legendären Sonic Youth, über ein Leben für die Kunst

Tatsächlich beginnt das Buch mit dem Ende, dem Ende der Band und der Beziehung zu Ehemann Thurston Moore. Damit ist offenbar erstmal die Intention klar, aus der heraus das Buch entstanden ist. Nach einigen Kapiteln zu Kindheit und Jugend in Kalifornien, Hawaii und Hongkong, dem Einfluss des gestörten Bruders, dem Studium an diversen Colleges und Kunstschulen in Santa Monica, LA und Toronto, den ersten Bandprojekten und ersten Jobs in Kunst und Kultur trifft sie Anfang der Achtziger Jahre in New York irgendwann auf Thurston Moore. Die Band heißt The Arcadians, Red Milk, Male Bonding, und schließlich Sonic Youth.

Die Kapitel in der Mitte des Buches drehen sich dann eher um die Band und beziehen sich dabei direkt auf die Abfolge der Alben und Songs, beschreiben die Entwicklung der Band, die Beziehungen zu den Labels, die Hintergründe der Songtexte, Erlebnisse auf den Touren, befreundete Bands, Studios und Videodrehs. Nebenschauplätze wie Hochzeit, Kinderkriegen, andere Bands und künstlerische Betätigungen werden dabei aber nicht verschwiegen.

Am Ende wirds dann wieder persönlicher, geht es nochmal um die titelgebende Frage, wies denn so ist als Mädchen in einer Rockband, erweitert um die Frage, wie denn die Rolle als Mutter mit der Rolle als Rockerin zu vereinbaren wäre. Und wie das so ist, wenn man dann der lieben Tochter wegen doch wieder aus New York weg ins gemäßigte Northampton zieht, in ein eigenes Haus. Und wie es wohl für die Tochter ist, so berühmte Eltern zu haben. Und wie sich die Beziehung zum Ehemann auf einmal merkwürdig ändert, bis dann die Affäre entdeckt und trotz aller Versprechen über Jahre hinweg nicht beendet wird. Wobei sie Thurston Moore eher als Opfer seiner psychotischen Liebhaberin sieht denn als Täter, aber das Vertrauen ist hin, die Ehe futsch. Und die Tochter leider mitten in den Prüfungen.

Für Coco, meinen Polarstern

Ein nicht enden wollendes Namedropping (Barry Finnerty, Danny Elfman, Michael Byron, Larry Gagosian, William Winant, John Knight, Dan Graham, Mike Kelley, Tony Oursler, Richard Prince, Isa Genzken, Gerhard Richter, Glenn Branca, Rhys Chatham, Miranda Stanton, Wharton Tiers, Greil Marcus, Lydia Lunch, Paul Smith, Walter Sear, Raymond Pettibon, Mike Watt, Nick Sansano, Michael Lavine, Neil Young, Karen Carpenter, Kurt Cobain, Joe Cole, Jason Lee, Mark Gonzales, Keanu Reeves, Nick Egan, Tamra Davis, Phil Morrison, Chloë Sevigny, Julie und Daisy Cafritz, Kathleen Hanna, Jutta Koether, Sofia Coppola, Rita Ackermann, William Burroughs, Gus Van Sant, Byron Coley, J Mascis, Yoko Ono, Richard Kern und wie sie alle heißen) gehört da natürlich genauso dazu wie eine Fülle an Anekdötchen, einige zum Teil merkwürdig deplatziert wirkende Schmähungen (Courtney Love natürlich, aber auch Billy Corgan und Lana Del Rey) eingeschlossen.

Etliche Fotos füllen das Buch, locker zwischen die Kapitel gestreut, bleiben aber ohne Ausnahme ohne Beschriftung, was an einigen Stellen schade ist, wenn nämlich statt Kim auch mal andere Personen (mit) drauf sind, die nicht zwangsläufig zu erkennen oder zuzuordnen sind. Ist der Mann mit dem schicken Hemd ihr Vater?

Schönes Buch, gut zu lesen, auch wenn mir auf der einen Seite die Faktenlage weitestgehend bekannt war und auf der anderen Seite einige Dinge ein Stück zu persönlich sind. Und der Text kommt mir an einigen Stellen merkwürdig oberflächlich vor, irgendwie stilistisch nicht ganz rund und unzusammenhängend: liegt das jetzt am eiligen Übersetzer, oder ist das original so? Liegt ja eigentlich auf der Hand.

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