Dr. Kneipp
Horse Talk For The Modern Man
Nach Yay kommt Neigh, is ja klar. Und das Ausrufezeichen hat sich auch verdoppelt.
Musikalisch geht es hier zunächst wieder recht sanft zu. Nette Sechziger-Jahre-Musik, es rockt gemütlich, der Gesang ist mehrstimmig, niemand macht Lärm, die Emotionen bleiben im Rahmen, eine Orgel darf auch mal wieder mitmachen. Das klingt doch gut. So richtig mitnehmen tuts mich noch nicht, aber da bin ich ja immer etwas schwerfällig und brauche ein halbes Dutzend Abspielungen, um warm zu werden. Oder um festzustellen, dass eben nicht.
Mit dem dritten Stück wird aber wieder in Richtung Schweinerock abgebogen, da klingen sie wieder wie üblich, wie auf den Platten der späten Zehner und frühen Zwanziger, als ich die Band für mich wiederentdeckt hatte, nur der Gesang geht auf einmal eine Oktave nach oben in die Kopfstimme, das find ich lustig. Wer von den beiden ist denn das?
Zwischendurch auch mal wieder eins der typischen Zwischenstücke, ein kurzer Klangteppich mit Hall und Orgel und Feedback oder woraus immer man solche Sounds zaubert. Und zum Ende hin wieder zurück zum entspannten Sixties-Feeling mit Surf-Touch, sowas können sie ja auch. Das hymnische fehlt ein bisschen, das sich da an etlichen Stellen anbieten täte, obwohl, noch alberner als »I Love You, Lalalala« gehts in der Beziehung ja wohl nicht. Auf jeden Fall ist die Platte in meinen Ohren wieder deutlich besser als etwa der Vorgänger.
Die Unterschiedlichkeit der Songs rührt im übrigen aber daher, dass das hier keine neue Platte ist, sondern eine Sammlung an nicht veröffentlichten Songs der letzten Jahre. Daher auch der Plattentitel: die Stücke haben nicht auf die Platten gepasst oder sind aus anderen Gründen übrig und liegen geblieben.
This is a collection of strays, castaways, orphaned and homeless songs, recorded at Ye Olde Cheese Factory, between 2020 and 2023. Too ornery to fit anywhere, but too cool to kill, these ideas refused to conform and stayed their elusive selves until we finally trapped them in these shapes an now can present them ere in all their lo-fi/no-fi homemade glory.
Auf dem Cover hat jemand mit Puppen und Essen gespielt, alles ist auf altmodisch getrimmte Farben reduziert, die Buchstaben wurden wieder vom Nachwuchs gemalt, und das Vinyl hat einen passenden schicken Farbeffekt, für den offensichtlich zwei oder mehr verschiedene Vinyl-Farben gemischt wurden, außen schwarz und innen was gelbliches, das mischt sich dann beziehungsweise macht so wolkige Strukturen und Schichten, durch die man so halb durchgucken kann, auch das Schwarz ist nicht opak, sondern halbtransparent. Sieht voll cool aus. Die Platte. Beim Cover bin ich da dann doch eher anderer Meinung.
Kein Download-Code mehr, jetzt auch bei den Motorpsycho-Platten? Sieht so aus, aber da ich bei bandcamp gekauft habe, war der Download im Verkaufsprozess ja dabei und wurde mir am Veröffentlichungsdatum im eingeloggten Zustand zur Verfügung gestellt. Keine Zettelwirtschaft mehr.
Die Platte hatte ich übrigens schon vor Wochen (oder Monaten?) vorbestellt und wusste dann also erstmal nicht, was da auf mich zukommt, als die E-Mails eintrudelten mit der Mitteilung, dass eine Firma namens WeShipVinyl mir etwas zuzuschicken beginnt. Ich hatte ja an mehreren angekündigten Platten Interesse und konnte mich im ersten Moment nur an die neu gemasterte Slint- und an die neue Thurston-Moore-Platte erinnern, von denen ich mir jedoch sicher war, sie nicht vorbestellt zu haben. Aber manchmal reitet es mich ja und ich bestelle dann doch noch am späten Abend lauter Kram im Internet. Als jedoch fast gleichzeitig auch die Mail kam, das neue Motorpsycho-Album wäre jetzt da, da dachte ich mir das schon, dass das irgendwie zusammenhängt.
Is This Part Two Of The Long Years?
Tracks
- Psycholab
- Return To Sanity
- This Is Your Captain
- All My Life (I Love You)
- Edgar’s Bathtub
- Elysium, Soon
- Revenants
- Crownee Says
- Condor