Curacao Vinyl
Weil wenn man aus Brasilien kommt, dann muss man seine farbigen Vinyl-Pressungen irgendwie nach künstlich gefärbten Likören aus der Karibik benennen. Wie auch sonst. Hätte man aber ruhig noch den exotischen Haken unter den einen Buchstaben setzen können.
Und heißen die jetzt auf diesen Sepultura-Neu-Aufnahmen nur »Cavalera« oder doch immer noch »Cavalera Conspiracy«? Draufstehen tun sie ja hier in der kurzen Form des puren Nachnamens der beiden Brüder, aber auf Bandcamp findet man die Platten auch bei der Conspiracy, das Logo auf der zur Not leicht verschobenen Cover-Grafik dezent ergänzt. Die Band-Website unterscheidet da auch nicht und packt alles in eine Liste. Digital hab ich die also bislang mit in den Conspiracy-Ordner gepackt, aber jetzt ordne ich die Neu-Aufnahmen der alten Sachen vielleicht doch mal in einen eigenen Ordner und nur die tatsächlich neuen Sachen in den CC.
Die Besetzung ist wohl auch anders, vor allem seit Sohnemann Igor Amadeus mitspielt, aber Gitarrist und Bassist haben sowieso immer mal gewechselt, der Hauptbestandteil und Witz an der Band sind ja nur die beiden Brüder, und die letzte CC-Platte ist auch schon wieder eine Weile her, das kanns also eigentlich auch nicht sein, das glasklare Argument, das die beiden Bands in echt unterscheidet.
Vielleicht das Logo? Bei den Neu-Aufnahmen verwenden sie ja eine Adaption des alten Sepultura-Logos, das in der Form eigentlich nur auf dieser ’87er Platte verwendet wurde, und vorher als Conspiracy hatten sie im Grunde gar kein richtiges Logo und auf jeder Platte eine andere Schrift verwendet. Also sowieso keine Konstanz und somit auch kein Argument zur eindeutigen Trennung.
Naja, mach ich dann dropsdem so.
Die ersten beiden Kurz-Alben gibts ja auch schon als Neu-Aufnahme, auch in recht schicken farbigen Versionen, aber leider auch als etwas einfacher gefärbte zweite Auflage immer noch recht teuer, das ist es mir nicht wert. Die Originale find ich eh schon nicht sooo super, und die Neu-Aufnahmen machen das auch nicht wesentlich besser, nur besser eingespielt, und fetter abgemischt. Der Evergreen »Troops Of Doom« ist dadurch aber tatsächlich eher schlechter geworden. Und die neuen Bonus-Stücke sind auch langweilig.
Das ist bei dieser Platte eigentlich alles anders: das Original ist die erste Platte, die sich vom rumpeligen und immergleichen Death-Metal-Sound der Achtziger abhebt und einen eigenen Stil erkennen lässt, auch das Songwriting und das Spiel wird interessanter, immer noch recht rumpelig und auf Geschwindigkeit getrimmt, aber inzwischen kommen sie mit der Geschwindigkeit auch klar, ohne dass es klappert. Und das ewig lange Instrumental-Stück »Inquisition Symphony« ist eine wirklich feine Ansammlung an Metal-Riffs und Rhythmen und Breaks, eine ausgedehnte Fingerübung quasi, könnte man heutzutage fast schon als Math-Metal anpreisen.
Die neue Aufnahme zerschreddert diese Qualitäten nicht zugunsten eines fetteren und quasi maximierten Sounds, sondern verbessert tatsächlich vor allem das Spiel und den Flow, ohne dass die Songs dadurch völlig unkenntlich werden. Ab und zu fehlen dann doch Details und Dynamiken, aber das kann ich verknusen. Und der letzte Song, wieder ein neuer als Bonus, als Ersatz für das seinerzeit neu eingespielte »Troops Of Doom«, ist kein auf alt und einfältig getrimmter Rumpelstiel, sondern ein wirklich astrein ins Albumkonzept und den Sound passendes Stück.
Das Cover ist – wie bei den anderen beiden auch – ebenfalls eine Neu-Interpretation des alten, neu aufgenommen quasi, mit grobem Pinsel, aber deutlich mehr Gefühl für Komposition und Detail als das etwas amateurhaft wirkende Airbrush-Original, das ich in seiner Farbigkeit und Motivwahl und Umsetzung sowieso immer unpassend fand, aber vielleicht waren die Achtziger einfach so, ich war ja nicht dabei, ich war noch ein braver Schüler hinterm eisernen Vorhang.
Sonic Youths ebenfalls aus dem Jahr 1987 stammendes Album »Sister« fängt übrigens mit einem Song namens »Schizophrenia« an …
Tracks
- From The Past Comes The Storms
- To The Wall
- Escape To The Void
- Inquisition Symphony
- Screams Behind The Shadows
- Septic Schizo
- Abismo
- R.I.P. (Rest In Pain)
- Nightmares Of Delirium