Da wollte ich gerade anfangen zu versuchen, diese nicht mehr erhältliche Platte gebraucht für einen der üblich gewordenen stattlichen Preise zu erstehen, da erreicht mich die Meldung über eine Neuauflage, sogar ganz ohne Abstriche in der aufwendigen (deutschen) Produktion mit dreiteiligem Klappcover und silberner Prägung und bedruckten Innenhüllen und Etching. Und am billigsten gabs die natürlich direkt beim Label, also hab ich diesmal gleich dort bestellt.
Der Titel (und mal ehrlich: auch das merkwürdige Coverbild) führen ja ein bisschen in die Irre, weil: das ist doch eher eine der schöneren Platten, sozusagen die erste aus den wieder gut gewordenen Zehnern nach den eher schweinerockigen oder sonstwie ungelungenen Nullern, und das eine Stück ist mir ja erst letztens vor allem durch die Live-Platte ziemlich ans Herz gewachsen. Aber schön der Reihenfolge nach.
Die A-Seite kann man sich nicht anhören, weil da ein Bild drauf ist.
Am Anfang der B-Seite ist erstmal mehr als eine Minute fast gar nix zu hören, dann orgelunterstützte Rockriffs aus längst vergangenen wo nicht untergegangenen Jahrzehnten, dazu passen auch der mehrstimmige Gesang und die ungeradzahligen Breaks, genauso aber auch die ruhigen Passagen und das Sologeklimper, nicht zu vergessen die schönen Steigerungen. Das alles geht so fast eine Viertelstunde lang und wird progressiv jazzig und songschemafern zusammengesetzt, wie es auch früher schon üblich war und nicht zuletzt im Sound bandtypisch ist wie nur was. Hatte ich die Bassläufe erwähnt?
Stur geradeaus gerockt, aber mit lockerer Gelassenheit, scheint das nächste Stück mit den im Refrain nach oben strebenden Stimmen auch schon wieder aus den etwas weiter zurückliegenden Jahrzehnten zu stammen, ist mir aber vor allem im Vergleich zu unterkomplex. Nach etwas mehr als fünf Minuten gibt es einen Wechsel zu Jazzdrums und dezenter Sologitarre und Trompete, das klingt nicht nur wie das Projekt mit Jaga Jazzist, das ist auch einer von denen, will aber nach meinem Geschmack so gar nicht zum Teil davor passen, aber deswegen heißen die beiden Dinger ja auch unterschiedlich und werden mit einem Schrägstrich getrennt zu einem Track zusammengefasst.
Seite C. Ein eintöniges, aber treibendes Riff, dazu dezente Akkorde und mehrere Gesangslinien, das ist das Stück, das mir auf der Live-Platte so prima gefallen hat, das dort aber auch fetter daherkommt als hier. Chaotischer Mittelteil voller Dissonanzen und Krachmacherei, der Einstieg in das Riff dann überlagert von allerlei Noise-Resten, das ist halt ein bisschen viel Produktion, wirkt aber nur anders, nicht schlechter. Zum Schluss nur noch die vielen Gesangslinien, herrlich, warum muss das schon nach sechs Minuten zu Ende sein?
Nanu, eine Klavierschnulze hatten wir lange nicht, gabs aber auf »Phanerothyme« oder »Let Them Eat Cake« auch schon, oder? Würde ich jetzt nicht lauter machen, wenns im Radio käme, täte mich aber auch nicht stören.
Was immer die Abkürzung des letzten Stücks auf der Seite bedeutet, es beginnt jazzrockig mit hektischem Schlagzeug, fiddeliger Sologitarre und blubberndem Bass, rappelt sich drei Minuten einen ab, bis es so richtig schön nervt, und dann setzen die rückwärtsgewandten Hardrock-Riffs ein, die man eigentlich erwartet hat, und gerade wenn sich nach weiteren drei Minuten Langeweile einstellen will, wird der Refrain auf einmal ganz schön poppig aufgepimpt mit lauter Keyboard- und Effektspuren. So richtig schick ist das alles aber nicht.
Das Stück auf der letzten Seite ist zwanzig Minuten lang und heißt eigentlich nur »Gullible’s Travails«, dessen Teile I bis IV ich hier einzeln aufgeführt habe. Den Anfang macht zunächst still und darauf mit verkopftem Break beginnend ein wiederum höchst retro anmutendes Stück Prog- oder sonstwelchen Rocks, nette Melodie, schickes Riff, das klingt zunächst wirklich vielversprechend, aber leider wars das dann auch schon, irgendwie sind auch hier wieder zu viele Spuren übereinander gelandet. Das mit der Akustikgitarre so folkig klingende, durch Flöte und weiblichen Gesang (das ist Hanne Hukkelberg, die singt bei fast allen Stücken dieser Platte mit) erweiterte Stück ist der nächste Teil, während der Übergang zu verhalten angeschlagenen E-Gitarren den Übergang zu Teil III markiert, der die Lautstärke und Intensität seiner Monotonie allmählich steigert, während immer mehr Spuren und Linien und Beteiligte dazustoßen, so muss und soll das sein; dann auf einmal Melodie und auch Gesang, ist das schon der letzte Teil? Klingt wie der erste Teil, wird also so sein. Zieht sich leider ganz schön in die Länge. Aber wie das ganze am Ende in irgendwelche Höhen verschwindet, das klingt schon putzig, wenn sies dabei belassen hätten, statt nochmal kurz irgendwelche verhallten Drums und Gitarren einzublenden, na wurscht, waren halt so Studio-Ideen.
Nicht die beste Platte der Norweger (wichtiges Synonym bei Motorpsycho-Besprechungen, so als würde Nationalität irgendwas erklären), aber schöne Sachen bei. Und der Rest wächst vermutlich noch nach mit den Jahren.
Aber: hätte man der Neuauflage nicht einen Download-Code spendieren können? Gehört heutzutage eigentlich zu einer Schallplatte dazu.
Tracks
- Starhammer (feat. The Electric Psalmon)
- X-3 (Knuckleheads In Space) / The Getaway Special
- The Bomb-Proof Roll And Beyond (For Arnie Hassle)
- Close Your Eyes
- W.B.A.T.
- Eye All-Seeing
- The Elementhaler
- Circle
- Phoot’s Flower (A Burly Return)