The Crucible

Band
Motorpsycho
Format
LP
Jahr
2019
Label
Stickman
Kennung
PSYCHOBABBLE 105
Zusatz
Cover ist Faltblatt, Download-Code

Krischan am

Überzeugt mich beim ersten Hören leider gar nicht. Stilistisches Kuddelmuddel zwischen echtem Hardrock und postrockigem Stückwerk, so kommts mir jedenfalls an einer Stelle vor. Immer wieder schöne bis herrliche Passagen, aus denen sie dann aber eben was anderes machen als ich erwarte, wogegen ja nichts zu sagen wäre, wenn das Ergebnis etwas anderes wäre als Herumgebastel und verkopftes Exerzieren. Von dem vielen heavy-metal-mäßigen Sologegniedel mal ganz abgesehen.

Schade, wo ich doch gerade so im Motorpsycho-Fieber war und mich wirklich auf die neue Platte gefreut habe, den Kauf dann aber noch ein paar Wochen vor mir hergeschoben hatte, weil die anderen Platten irgendwie erstmal wichtiger waren, denn die neue gibts ja vermutlich noch ein paar Wochen zu kaufen, die älteren sind aber vielleicht schneller bzw. eher schon wieder ausverkauft.

Naja, der erste Eindruck muss ja nichts sagen, also nochmal in Ruhe nachhören und sich einfühlen …

Hier könnte eigentlich ein Video hin.

Der mehr als acht Minuten lange Psychozar beginnt als angeberisches Rockstück mit riesigem Chinagong und bombastischen Keyboards im Hintergrund, das könnte alles ganz putzig sein, aber dann kommen ständig fingerfertige Sologitarren der ekligen Sorte dazu, im sonst ganz netten Zwischenteil sogar so richtig furchtbar zweistimmig. Danach eine ganz ruhige und durch die ansteigenden Halbtöne leicht bedrohlich wirkende Passage, die wieder zum vorherigen Progrock führt, der hier aber nicht aus sich herauskommt, sondern in warnenden Sirenen stecken bleibt. Noch ein paar Klingeln mit eingebaut, und nochmal der Gong, nicht schlecht, aber eben nix ganzes.

Das ewige Licht beginnt seine elf Minuten mit wenig Akustikgitarre hinter leisem elegischem Gesang, Streicher (und Bläser? alles synthetisch!) und Rockband steigen ein, und nach etlichen erzählenden Zeilen kommt ein schwelgerischer Refrain mit langen Noten, während das Schlagzeug weiter wie bekloppt vor sich hinrappelt. Gesang nett, Bass verzerrt, alles aber nicht so recht kraftvoll, liegt das vielleicht am neuen Schlagzeuger, der hier dauernd viel zu viel und zu sehr in Rock macht? Break und verrücktes Gegniedel an der Schnittstelle zwischen Jazz und Rock, das klingt ja fast schon nach Helge Schneider, dann kriegen sie sich auch wieder ein und werden ruhiger und gleich auch wieder kitschiger, zum Schluss nochmal ein zaghafter Neuanfang und zurück zum schwelgerischen Refrain, der nun auf einmal in ganz anderem Licht dasteht, und der scheinbare Widerspruch zwischen langen Noten und rappeligem Schlagzeug ergibt plötzlich total Sinn. Eigentlich doch nicht so schlecht.

Der einundzwanzig Minuten währende Titelsong ist ein treibendes Stück, das noch am ehesten in den bisherigen Band-Sound passt. In den ersten fünf Minuten wird aber über weite Strecken nur durchexerziert, wie man auf einem Riff aufbauend Soli dazupackt, Breaks einbaut, Rhythmen variiert und so weiter, ohne dass da irgendwas interessantes oder ein packender Spannungsbogen bei rauskäme: weder Retrorock noch Jazz noch Postrock, aber von allem ein bisschen. Danach ein Neuanfang in schleppenderem Rhythmus und dramatischerem Sound, vielleicht noch typischer für die Band, wird jetzt was draus? Hört sich so an. Nach weiteren zehn Minuten mit verschiedenen Auf-und-Abs und unerwartet noisigen Passagen der nächste Neuanfang mit Klavier aus dem Nachbarraum, dem sich schon bald die klassische Rockband anschließt, ist das dieselbe wie am Anfang? Jetzt aber mit Gesang und später einer Verknüpfung der beiden musikalischen Themen.

Na bitte, doch gar nicht so schlecht. Der Titeltrack ist wirklich gut und eindeutig das beste Stück, den Rest der vielleicht als Konzeptalbums zu lesenden Platte nehmen wir halt als erzählerische Einleitung der Begleitumstände, die eben nicht immer so rosig sind, wie man sich das wünscht. Wobei 40 Minuten Gesamtzeit für ein Konzeptalbum und auch für ein Motorpsycho-Album erschreckend wenig sind. Gibt es sowas wie Konzept-EPs?

Das Bild auf dem Cover ist wieder vom selben Maler wie das letzte, auch die Faltung und das Layout der Innenseiten sind dieselbe; und da muss ich mich auch korrigieren: nicht nur die Roadworks-Cover, sondern auch die letzten zwei sind von wem anders als alle bisherigen.

Tracks

  1. Psychotzar
  2. Lux Aeterna
  3. The Crucible

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