Artifacts From The Psychomprehensive Vaults
In Wirklichkeit ist es ja wirklich erst sechs Wochen her, dass ich diese Platte (und ein T-Shirt für Katharina) im Online-Shop bestellt (und bezahlt) habe, warum sich die Wartezeit also so anfühlt wie eine halbe Ewigkeit, ist schwer nachzuvollziehen. Zumal die Band ja damals schon beizeiten ganz richtig bemerkt hat, »that the record will be just as good in a week or three as it is right now«. Aber ich war trotzdem ungeduldig und habe mehrfach nachgefragt, wo denn nun mein Paket bleibe. Doch kurz nach der zweiten Meldung über versendete Platten war sie dann auf einmal ganz ohne Vorankündigung wirklich da und lag schon auf meinem Schreibtisch, während ich mich noch auf dem Heimweg über die ewig nicht fahrenden bzw. im Individualverkehr feststeckenden und dann immer im Doppel- oder Dreierpack ankommenden Busse der Linie M29 geärgert habe.
Und wofür die ganze Aufregung?: Für ein folkiges Akustikgitarrenstück mit munteren Bassläufen, fließenden Gesangslinien und flötenden Keyboardpassagen, mit so einem gehts nämlich los. Das vermeintliche Cover danach kennen wir schon von der Single. Ähnlich retrorockig, aber mit weniger Folk gehts weiter, nur irgendwie trotzdem zu leise oder zu wenig Gitarre, aber das ist ja durchaus im Sinne des Jahrzehnts, als noch nicht gar so aufgedreht und komprimiert wurde.
Es folgt ein Mitteldings mit viel Melodie, brazzeligem Bass, nettem Gesang, klappernden Klampfen, hippeligem Rhythmus, ich kann mich gar nicht entscheiden, ob das alles zu viel ist oder ob nicht eigentlich etwas fehlt, wahrscheinlich ist es die klare Linie, die ich vermisse. Bin ich neuerdings ein Popper? Das windelweich säuselnde California-Ding kennt man auch schon von der o.g. Single, wie war das nochmal mit unreleased material? Steht gar nicht drauf? Okay.
Seite B startet mit einem sanften Akustikstück, das aber im instrumentalen Refrain (das heißt dann aber anders?) und auch danach recht rockig und plauzig wird, angezerrter Bass, komische Rhythmen, verstiegene Gitarrensoli und schräge Streicher inklusive, das erinnert viel mehr an die letzten Alben als der ganze Single-B-Seiten-Rest vorher. Beziehungsweise: so gefällt mir das viel besser.
Danach aber wirklich reines Akustikgeklampfe ohne Schlagzeug, dafür mit Gesang wie am Lagerfeuer, auch das machen die Jungs ja immer sehr schön, jaja. Progrockig mit vertrackten Riffs und mehrstimmigem Gesang und vielschichtiger Struktur sind sie im Anschluss wieder näher am regulären Album dran, dagegen ist ja nach wie vor auch nichts zu sagen. Und so ähnlich geht es auch munter weiter, mit prägnantem Riff und allerlei netten Effekten sowie einigen Griffen in die Mottenkiste der alten weißen Rockmusik, auch das ist einem Norweger natürlich erlaubt.
Richtig rappelig und flott nochmal zum Abschluss, eigentlich ja viel zu viel Schlagzeug, aber wems Spaß macht, nur die Kuhglocke machts eigentlich nicht wirklich besser. Und ausgefadet, ohgottohgott. Klingt alles ein bisschen nach Proberaum und unfertig, um nicht zu sagen unausgewogen. Die Qualität ist gut, was die Aufnahme angeht, aber der Mix ist noch nicht so richtig rund. Aber was anderes hatte ich ja auch nicht erwartet bei so einer Eigenproduktion für die Fans.
Braucht man vielleicht auch als Motorpsycho-Fan nicht unbedingt wegen der Musik, aber anzuschauen ist das alles sehr schön: das farblose Vinyl ist leicht wolkig, das dicke und schwere Heft mit Cézanne-Totenköpfen und schöner Goldprägung vorne und vielen schicken selbstreferenziellen Fotos in elegantem Layout drinnen, die alberne Anleitung auf dem Label der B-Seite, die Klarsichthülle mit kleiner Logo-Prägung und dem versiegelnden Aufkleber auf der Lasche, den man beim ersten Öffnen leider zerreißen muss, das alles freut mich sehr.
Tracks
- Take The Air (Pupil)
- Granny Takes A Trip
- Bonny Lee
- Mockingbird
- California (I’m So Sold)
- The Light Fantastic
- Go Around Once
- The Jig Is Up
- The Visitant
- I.C.U.