Immer wieder das gleiche. Was soll ich dazu noch sagen? Hier dokumentiert sind vier Stücker aus den letzten Jahren, aber davor hab ich die Band ja auch schon mindestens zweimal gesehen. Okay, eigentlich doch gar nicht sooo viel.
An der Bushaltestelle am Alex (ich fahr ja sonst lieber U-Bahn, aber Katharina lässt sich gern von der BVG-App beraten, und die empfahl den Bus, vermutlich hat die Programmierung noch nie was von Staus im motorisierten Individualverkehr gehört, in dem so ein Bus immer mit drinsteckt) schon lauter wartendes Volk, aber der Busfahrer hatte noch Pause. Bzw. »Break«, wie auf der Zielanzeige stand. Wir haben dann aber trotzdem zwei Sitzplätze bekommen, gegenüber von zwei Mädels, die sich über das Konzert unterhielten, zu dem sie fuhren (und über andere Konzerte, bei denen sie schon waren, und was sie heute gekauft haben, und was die und die gesagt hat, und wer wie oft gecatcallt wurde und dass das vor allem Minderjährige betrifft), ein Konzert im Columbia jedenfalls, und sie wollten drin gleich nach oben gehen, unten wäre immer der Moshpit, da war uns natürlich sofort messerscharf klar, dass sie zur Columbiahalle fahren und nicht zum -Theater. Den Namen der Künstler hab ich weder verstanden noch erkannt, vor der Halle stand dann »RAPK« dranne, davon hab ich noch nie gehört oder gelesen, aber der Fuß- und der Radweg vor dem Etablissement waren gesteckt voll mit jungschen Leuten, ein Radfahrer hat sich noch durchgeschlängelt, dass einem Angst und bange wurde, angesagter und beliebter als die alten Norweger waren sie also allemal.
Vor dem kleineren Columbia-Theater weitaus weniger los und natürlich nur ältere Leutchen, eine Suche nach bekannten Gesichtern haben wir uns aber gleich gespart, die üblichen Verdächtigen, die wir sonst immer mal treffen, können mit dem ewig vor sich hin gniedelnden Hippierock nix anfangen. Am Einlass wurde einer mit seiner Fahrradtasche weggeschickt, er sollte sie wohl in der Garderobe der Columbiahalle abgeben, keine Ahnung, was das sollte, vielleicht hing es mit dem langen Weg zur Garderobe hier im -Theater zusammen, den wir fast nicht gefunden haben, so viele Gänge und Ecken und Treppenhäuser musste man da durchqueren. Aber hingen ja Zettel mit Pfeilen. Die letzten Male war ich immer nur im Hauptsaal oder damals beim ersten Besuch immerhin noch im Hof, aber nie da hinten bei den Toiletten und der Garderobe. Doch gestern war das Wetter so frühlingshaft, dass man für die Rückfahrt eine dicke Jacke einplanen musste, während es beim Konzert heiß zu werden drohte.
Nach dem Jacke abgeben jedenfalls ein Blick auf die Auslage des Merchandise-Standes: keine schönen Shirts, keine schönen Kapuzenjacken, der Stoffbeutel auch nicht die Wucht, keine neuen Platten, keine speziellen Tour-Singles (oder?!), die üblichen Aufnäher, alberne Socken jetzt auch hier, aber auf weiß und nicht so albern, dass sie wirklich lustig gewesen wären. Aber guckemada, ein Siebdruckposter für das Konzert in Berlin, Grau und Gold auf Dunkelgrün, schickischicki, da ist Katharinas Puls nach oben geschnellt und das Portemonnaie aus der Tasche, bezahlen kann man neuerdings auch an solchen Stellen mit der Karte, und nach einiger Überlegung und Fragerei hat uns die Garderobiere ihr Klebeband zur Verfügung gestellt, und wir konnten das zusammengerollte Poster für einen Extrapreis bei ihr hinterlegen. Schaumerma, obs das unbeschadet übersteht. Es waren aber nur sehr wenige vorrätig, der Stapel war dünn und der Verkäufer sagte was von dreißig Stück, den Kauf auf nach dem Konzert verschieben schied demnach völlig aus. Watt mutt, datt mutt.
Getränke bekam man da hinten im Nebenraum neben der Bühne auch schon. Im Saal ja auch auf beiden Seiten Tresen. Preise happig, Nullvierer Bier für Fünf-fuffzich, eine kleinere Brause für die Holde auch Vier-fuffzich, dazu jeweils zwei Euro Pfand, meine Güte. Und weil wir ohne Abendbrot losgedüst sind, hatte Katharina noch einen kleinen Hunger und hat sich auch noch ein winziges Tütchen Nüsschen für Zwei-fuffzich geordert. Warten, gucken, Nüsschen knabbern, sieh da, Oliver Polak ist auch wieder da, noch ein Getränk, nun kommts ja auch nicht mehr drauf an.
Und Punkt achte gings auf die Minute pünktlich los. Vorher die üblichen Verdächtigen auf der Bühne beim Instrumente stimmen und Mikrofonständer justieren. Der alte langhaarige, der möglicherweise der Bob Soundso ist, der immer die langen Texte auf Platten und im Blog der Band schreibt. Und der Reine Fiske, der immer als Zusatzmusiker bei den Touren mitkommt und die Keyboards und zweiten Gitarren und dritten Stimmen übernehmen muss. Wir haben uns weiter nach vorne geschoben, auf die vorderste und unterste der drei durch jeweils zwei Stufen getrennten Ebenen, die den Saal da so dämlich unterteilen. Oder eigentlich ja supi, dass die Leute weiter hinten auch noch was sehen, da machen die zwei Stufen ja schon was aus, grad für die kleineren unter uns.
Nun ja, und dann kam ein schönes Motorpsycho-Konzert, vor allem neue Sachen von der aktuellen Platte (die ungeraden Rhythmen in den scheinbar stoisch stampfenden Songs sind mir noch gar nicht so aufgefallen) und einiges von den zwei Vorgängern, aber auch ein schöner Querschnitt der Jahrzehnte davor, älteres und ganz altes und ein-zwei Sachen aus den Nullern, kurzes und langes, lautes und leises, rockiges (»Mountain« war ein herrlich fettes Brett) und poppiges (»Nerve Tattoo« hat leider gar nicht funktioniert), ein Cover einer obskuren Siebziger-Jahre-Band haben sie auch wieder mal eingeflochten (und das eine Stück von der vorletzten Platte haben wir ebenfalls für ein Cover gehalten, so unbekannt kam uns das vor, na sowas), das alles ohne größere Pausen und Ansagen dazwischen und wie üblich zweieinhalb Stunden lang, unterbrochen nur von einer kurzen Pause vor der fest eingeplanten »Zugabe«, diesmal nicht »The Wheel«, sondern das ebenfalls prächtige und nicht weniger lange »Neotzar«, bei dem Reine Fiske den auf der Platte weiblichen musicalähnlichen Gesang übernehmen musste, was er wirklich sehr schön schräg hingekriegt hat. Ach, und der große Gong war auch wieder mit und stand die ganze Zeit ungenutzt hinterm Schlagzeug.
Der Sound war ganz am Anfang noch recht erbärmlich, man fragt sich ja immer wieder, was es mit den Soundchecks auf sich hat und warum die nichts bringen, weiß andererseits aber auch, dass ein voller Saal halt ganz anders klingt als ein leerer, jedenfalls waren anfangs weder das Keyboard noch die Gitarre von Reine Fiske waren zu hören, der hat dann auch noch gleich beim zweiten Akkord eine Saite zerrissen, aber später war dann alles im Lot und laut und gut und ausgewogen zu hören, die Witzbolde hinter mir haben das auch bemerkt und meinten, jetzt könne es ja langsam losgehen. Überhaupt wieder diese Menschen im Publikum. Obwohl nee, ging eigentlich, keine Schubser, keine Pupser, kaum Quassler, kaum Filmer. Aber rhythmisch mitklatschen, sobald Ryan Sæther einmal in die erhobenen Hände klatscht, das können die Deutschen immer noch, jawoll. Also zumindest manche. Ab und zu wurde mitgesungen, aber aufgefallen ist mir das nur an Stellen, an denen ich das auch passend fand, ich kann ja nur die Texte nicht.
Katharina hinterher fast wie ein bisschen beleidigt, dass wir immer nur die zweieinhalbstündigen Konzerte abbekommen, in Bielefeld zum Beispiel hätten sie doch immer wieder viel länger gespielt. Aber das Licht ging an, die Leute hörten auf zu klatschen und zu jubeln, leise Musik vom Band erscholl und der Techniker fing an, Kabel aufzuwickeln und verteilte die Setlists an das an Souvenirs interessierte Publikum, so dass einer dann direkt vor uns schön herumposen konnte und sich mit dem ausgedruckten A4-Zettel fotografieren ließ. Andere baten um Selfies mit dem Techniker, herrje, manchen ist aber auch nichts zu peinlich, muss das schön sein, so ganz angst- und zwanglos. Das Poster war noch heil, beim Klo hätte ich anstehen müssen, also musste ich doch nicht so doll, aber neben dem Ausgang war ja noch eins, dort stand ich dann sogar ganz ungestört alleine an der Pissrinne, siehste.
Vor der Halle immer noch oder sehr wahrscheinlich wieder alles voll, die richtige Bushaltestelle haben wir gefunden, die vor der Ecke ist für eine andere Linie, der 248er hält erst nach der Ecke. Voll. Wir hätten vielleicht in die andere Richtung laufen sollen und schon eine vorher einsteigen. Nö, gab auch so noch Sitzplätze, wurde dann aber im Linienverlauf durch Kreuzberg noch voller. Am Alex gabs für uns noch zwei Stück Bahnhofspizza, komischer Laden, im Späti gabs für mich noch ein albern benanntes Bier aus Berlin, und die Jugendlichen zu Hause waren immer noch wach, so ist das heutzutage. Sind ja Ferien.
Also ja, auch beim nächsten Mal gehe ich wieder hin.