Spirit Counsel

Band
Moore, Thurston
Format
3 CD
Jahr
2019
Label
The Daydream Library Series
Kennung
DLS 4 CD
Zusatz
3 Pappschuber und 20-seitiges Booklet in einer Box

Krischan am

Drei CDs mit jeweils einem Stück drauf. Drei Stücke zwischen einer halben und einer ganzen Stunde Länge. Also mal wieder Noise-Experimente statt Gitarren-Pop.

Könnte man meinen, aber in Wirklichkeit bewegt sich die Musik zwischen diesen beiden Polen oder eigentlich auf ganz anderen Pfaden, vielleicht entfernt vergleichbar mit den langen Stücken auf »Psychic Hearts« oder doch mehr mit der galaktischen Kassette. Denn auch hier wird ewig auf einem Akkord herumgeritten, kommen erst nach vielen Minuten sphärischer (und ja: spiritueller, kontemplativer, verhallter, mit allerlei Effekten beladener) Gitarrenklänge die anderen Instrumente dazu, so dass es zwar wie Gitarren-Pop klingt, aber eben nicht poppig wird, weil sich die ganze Zeit eigentlich nichts verändert bzw. nur sehr langsam entwickelt. Sprung in der Schüssel. Und dann doch immer wieder abrupte Wechsel zu rockigen Passagen, die sich aber immer wieder erfolgreich im Sande verlaufen, auf den einen Ton treffen, der so im Kopf dröhnt und sein Echo und seinen Oberton findet, der sich dann statt seiner in den Vordergrund spielt, um sich schließlich aus dem intensiver gewordenen Krach wieder zurückzuziehen auf dezenter werdende einzelne Klänge, die sich dann erneut aufbauen lassen zu besinnlichen Harmonien, spirituellem Gebimmel oder schiefem Gekratze mit Spaß am unkonventionellen Gefuchtel. Dröhn.

Das zweite Stück ist erfreulich kurz, nur eine halbe Stunde, die bei den nicht immer ganz gleichen Wiederholungen der ruhig vor sich hinschrammelnden Gitarren recht schnell vergeht. Weil: bleibt ja nicht so, sondern steigert sich in einen infernalen Krach hinein. Nach zehn Minuten wieder Stille und langsam aufflackerndes Blitzen einzelner Töne vor dem Hintergrundrauschen einer Lagerfeuerklampfe. Das sich allmählich steigert, versteht sich, usw.

Das dritte Stück dann eher so mittelprächtig, weil nicht so abwechslungsreich in der Struktur und nicht so schick im Sound, vielleicht auch, weil man inzwischen schon so weichgekocht ist von anderthalb Stunden durchaus fordernder Klänge. Aber der Titel mit dem Fingerzeig ins Welträumliche lässt das immergleiche atonale Wallen und Wabern dann doch plausibel erscheinen. An dem im übrigen ein Dutzend Gitarristen beteiligt ist, unter anderem Susan Stenger von der Band Of Susans. Glenn Branca lässt also auch grüßen, hätte ich eigentlich gleich hören müssen.

Hier könnte eigentlich ein Video hin.

Also: fetzt. Da sammeln sich so ziemlich alle verschiedenen und trotzdem für Thurston Moore so typischen Sounds an, von leise bis laut, von klampfig bis rockig, von zart bis hart, von filigran bis krachig, von bezaubernd bis nervig, von klirrend bis bretternd, von flirrend bis schmetternd, von schief bis schnurstracks geradeaus, es ist zum Niederknien.

Parallel zu den drei CDs gibt es auch drei bunte Vinyl-Singles mit kürzeren Ausschnitten aus der Session zur ersten CD und einem New-Order-Cover. Mit Heftchen voller zusammenkopierter Schnipsel. Muss man auch haben.

Seine neue Schnatze taucht in den Credits übrigens als Produzentin auf. Was immer das heißen mag.

Das Berliner Konzert der zum Album gehörenden Tour am Anfang des Monats hab ich leider verpasst, weil fieser Infekt. Soll ja ganz putzig gewesen sein, mehr als (die ersten?) zwei Stücke haben sie nicht gespielt, konnte man hinterher lesen, aber vielleicht waren die dann live auch noch ein bisschen länger. Und kurz vorher wurde auch Mats Gustafsson als Spezialgast angekündigt, das wär schon was gewesen, aber ich lese nichts davon, dass er tatsächlich mitgemischt hätte. Naja. Das nächste Mal. Wir werden ja beide noch ein bisschen durchhalten.

Tracks

  1. Alice Moki Jayne
  2. 8 Spring Street
  3. Galaxies

Links