Lvftige Zukunft

Wir waren aufm Konzert. In der neuen Zukunft.

Krischan am

Da war ich noch nie. Katharina und Emma waren da mal kurz, weil da die Band von Emmas Schlagzeuger aufgetreten ist. Als eng und stickig ist es beschrieben worden. Und die Klos sollen auch nicht schön gewesen sein. Also nüscht wie hin!

Die Facs waren schließlich da und haben ihre neue Platte mitgebracht. Wobei ich von der neuen Platte erst dort was mitgekriegt hab. Songkick hatte mich aber Mitte Dezember darüber informiert, dass die Band zu Besuch kommt. Und da ich neulich schon entdeckt hatte, dass diese 90-Day-Men- und Disappears-Nachfolge-Band gar nicht so schlecht ist, hab ich natürlich gleich Tickets haben wollen. Ging dann erstmal nicht, weil die Arschgeigen von Veranstalter dafür einen komischen Dienstleister engagiert haben, dessen Website arg rumgezickt hatte. Hab ich Katharina gebeten, das zu versuchen, hat sie das aber auch abgebrochen als klar wurde, dass man die Tickets dann nur in irgendeiner speziell zu installierenden App speichern kann. So ein Quark. Aber sie hat, findig wie sie ist, einen anderen Verkäufer gefunden, bei dem hatse die Tickets bekommen und dann erst nach dem Kauf mitgeteilt bekommen, dass sie sich nun eine App installieren kann, um dort die Tickets hineinzuladen. Herrlich. Warum auch einfach, wenns stattdessen umständlich und mit Datenabgriff geht.

Der Club hat auf meine Mecker-Mail dann mit einem Fingerzeig auf den Veranstalter reagiert. Den musste ich mir aber erst raussuchen, und nach den ersten freundlichen Antworten haben sie dann geschnallt, dass ich keine Hilfe brauche, sondern Beschwerde loswerden will. Mal sehen obs hilft. Obwohl, wer prüft schon, von welchem Veranstalter die Konzerte angeboten werden, zu denen man geht. Die Band ist wichtig, deswegen geht man ja hin, den Veranstaltungsort muss man auch wissen, sonst findet man den nicht, aber wer das organisiert? Wurscht.

Jedenfalls hat sich Katharina dann am Abend vorher die App installiert, das Ticket wäre sowieso erst 24 Stunden vorher valide, meine Güte, und nachdem wir noch kurz warten mussten, bis Emma von der ersten Schnupperstunde Popchor zurückkommt, im Dunklen und Kalten mit dem Fahrrad, ohje, aber alles gut, dann konnten wir jedenfalls los. Mit der Ringbahn bis Treptower Park und dann an den Gleisen über die Brücke wieder zurück, schöner Blick aufs nächtlich glitzernde Wasser, und unter der Bahn durch und dann gleich zwischen dem Bahndamm und den Häusern am Markgrafendamm, da liegt die Neue Zukunft. Weiß auch nicht jeder.

Oller Schuppen, nette Leute, aber noch gar nicht viele da, angeschmuddeltes Ambiente, vertretbare Preise, alles fast wie früher, sehr schön. Das Abendbrot hatten wir ja verpasst, aber im Hof vor dem Laden stand ein Fresswagen mit schickem Schriftzug, Slicer oder so, jedenfalls das Slayer-Band-Logo nachmachend und mit der Information prahlend, das wäre hier die Heavy-Metal-Pizzeria oder so. Drin ein stilechter langhaariger tätowierter Metal-Kunde, der ab und zu das Schiebefenster aufschob, um Bestellungen entgegenzunehmen und Pizzen rauszureichen. Haben wir uns auch eine geordert. Manche Sorten gabs in drei Ausfertigungen, normal, vegetarisch und vegan. So solls sein.

Dann schnell wieder rein, war ja arschkalt. Auch mit heißer Pizza in der Hand und im Mund. Nochmal am Merchandise-Stand stöbern. Lauter Platten von Facs, die es bei Flight 13 immer nicht geben will. Kann ich mir ja vielleicht noch eine holen, vielleicht die, die ich ursprünglich statt der dann später gelieferten bestellen wollte. Und von der Vorband eine Kassette, da hatten wir ja auf Bandcamp schonmal reingehört, und die Musik war gar nicht so schlecht wie der Bandname und die Beschreibung es nahelegen wollten.

Außerdem war relativ kurzfristig und nur auf der Club-Seite noch ein dritter Act angekündigt, von dem es hieß, dass das ein Typ von den Oxes sei. Diese coole Band, die ich mal im AZ Conni gesehen hatte, zwei Gitarristen mit Funkübertragung und ein Schlagzeuger, die irren Mathrock oder so gemacht haben, dabei aber durch den ganzen Club tigerten und die Leute provozierten. Das könnte lustig werden. Von dem gabs jedenfalls auch eine Platte in zwei Ausfertigungen, einmal schick mit Siebdruck auf dem weißen Cover, einmal mit einem schnöden bunten Aufkleber.

Dann stand der aber nur an wackeligen Tischen vor der Bühne und hat irgendwelche über einen offenbar irgendwie digitalisierten Plattenspieler eingelesene Platten zerhackstückt und an etlichen Knöppchen gedreht, um die Fragmentierung ein bisschen zu variieren und den Sound zu verändern, das war für ungefähr anderthalb Minuten ganz putzig, hat sich dann aber nicht zu etwas irgendwie interessant geartetem entwickelt. Alle paar Minuten ließ er sich vom Sänger der Hauptband neue Platten reichen, die der jedoch ohne weitere Auswahl einfach von einem Stapel am Bühnenrand nahm. Nu ja. War ja beizeiten vorbei. Dem einen oder anderen schien es aber gefallen zu haben. Menschen sind offenbar unterschiedlich.

Die eigentliche Vorband fing dann auch beizeiten an. Berliner Lvft. Mit Vogelvau. Vier Typis aus aller Herren Länder, aber sie haben in ihrer englischen Ankündigung doch erheblichen Wert darauf gelegt, wirklich aus Berlin zu kommen, im Gegensatz jedenfalls zu den erwähnten anderen Bands mit Berlin im Namen. Das Vau haben sie aber nicht erklärt. Dass sie nicht alle aus Amiland gekommen sind, hab ich erst hinterher erguhgelt, der Bassist etwa kommt offenbar aus der russischen Ecke. Sah in meinen Augen aus wie ein Pole, nur leider sehr verunstaltet durch eine verkehrtherum aufgesetzte Schiebermütze, die seinem Kopf eine komische Form gab. Sehr viel schöner der zweite Gitarrist mit seinem enormen Riechkolben und dem Bart und der Lockenmähne. Der Drummer zog sich beizeiten seinen bunten Strickpullover aus, das hält man ja bei dem Geholze auch nicht aus.

Die Musik dann live viel angenehmer als das digitale Gekreische. Hat mich vom Sound her sehr deutlich an frühe Unwound erinnert, bisschen experimenteller als die frühen Sachen, aber auch punkiger als die späten, aber dieser leicht dissonante Sound zwischen warmem Bass und den angeschrägt sägenden Gitarren, das hat schon gepasst. Katharina meinte später noch was von frühen Trail of Dead, das könnte auch passen. Von allem ein bisschen, Noise und Alternative, Postpunk und Indie, bisschen Neunziger, bisschen Nuller. Der Sänger eher nölend, der grölende Zweitgesang vom Bassisten als gut funktionierender Gegenpart. Dochdoch, das war gar nicht schlecht.

Als Dank hat sich Katharina dann gleich die Kassette gekauft. Oder uns? Inzwischen liegt sie hier auf meinem Tisch, offenbar soll sie in mein Regal.

Naja, und dann kamen die Facs. Aus Chicago. Hat den Namen schon jemand erklärt? Nur zu dritt, der knackig angezerrte Bass als dominantes Instrument, der glattgekämmte langhaarige und bärtige Gitarrist entweder aus einem Fantasyfilm oder einer Postmetal-Band entsprungen, die dünn sirrende bis noisig flirrende Gitarre lediglich Begleitinstrument, Sänger und Gitarrist völlig verstrubbelt aus einem Nerdkeller gekrabbelt, und ein irre guter Schlagzeuger, gut bürgerlich und mehr oder weniger ohne Haare, der ohne Brimborium, aber zielgenau seine harten Schläge setzte und die Musik erheblich nach vorne trieb. Bisschen schiefer Gesang, aber das Hauptaugenmerk liegt auf den postirgendwassen Monotonien der schleppenden Songs. Herrlich.

Hier könnte eigentlich ein Video hin.

Und super Stimmung. Einer hat bei einem Lied albern mitgejohlt, bis selbst der griesgrämige Sänger lachen musste. Und mittendrin tauchte plötzlich ein Besucher auf der Bühne auf und hechtete sich sofort wieder stagedivend in die Massen, die aber gar nicht da waren, landete also unsanft auf dem Boden, schien sich dabei aber nichts getan zu haben. Oder war das noch bei den Berlinern? Zu der Musik hätte das ja besser gepasst, aber ich erinnere mich noch, dass ich die ganze Situation als unpassend empfand.

Also hab ich mir dann noch eine Platte gekauft. In der Annahme, dass ich mir die damals als die beste herausgehört habe, natürlich diejenige, die ich seinerzeit bei Flight 13 nicht bekommen habe. Schön giftgrün mit Punkten und Buchstaben.

Und weil wir aber schon fortgeschrittenen Alters sind und also am Montag abend schon müde, haben wir uns dann gleich auf die Socken und den Heimweg gemacht. Nochmal aufs Wasser gucken, und dann hat die S-Bahn, die ja schon einfuhr, als wir noch neben dem Damm auf den Eingang zum Bahnhof zuliefen, solange gewartet, bis auch wir eingestiegen waren. Das machen die S-Bahnen ja nachts manchmal, dass die irgendwie auf die Abfahrtszeit warten oder so. Diesmal also zu unseren Gunsten.

An den Rest erinnere ich mich nicht mehr.