Schau, was mir der Weihnachtsmann mitgebracht hat! Und ich musste fast nichts dazubezahlen. Also nur den größten Teil. Aber nicht alles.
Eine von zwei zufällig kurz vor der Weihnachtszeit herausgekommenen niegelnagelneuen Boxen für Sammler ist das – davon gibts ja bei Motorpsycho-Fans auch nicht wenige. Schick aufgemachter silbriger Pappschuber mit lasziver Grafik (Russ Meyer lässt aber eigentlich nicht grüßen) und dezenter Schrift und auf dem Rücken einem etwas zu großen und also um die Kante schwappenden Band-Logo-Schriftzug, musikalisch aber in Wirklichkeit in den ganz alten Schmuddelkisten wühlend:
– das erste Album »Lobotomizer«, das ich schon lange auf CD im Regal stehen und neulich nochmal als Bootleg auf Vinyl erstanden habe, als Original in dieser Form aber kaum noch zu finden ist: mit Klappcover und Endlosrille und hippiesk lilaner Grafik auf der Innenseite und schwarzweißer auf der Innenhülle, in der sich bei genauerem Besehen lauter Text versteckt, unter anderem die Lyrics zu den Songs, was dann offenbart, dass das eine komische Zwischenstück ein Gedicht von William Blake vertont;
– das zweite Album »Soothe«, das eigentlich nur eine EP (bzw. ein Mini-Album) ist, dessen A-Seite mit 45 Umdrehungen pro Minute abzuspielen ist und das ich im wesentlichen als Teil einer späteren CD-Veröffentlichung namens »8 Soothing Songs For Rut« schon länger im Regal stehen habe, als Original in dieser Form aber kaum noch zu finden ist: mit dem hier zuerst auftauchenden und über die Jahrzehnte kaum veränderten, inzwischen nur etwas seltener genutzten Logo-Schriftzug, mit dem hier zuerst auftauchenden und von des Bassisten Arm übernommenen Logo-Tattoo-Motiv, und mit den so schön dämlichen Fotos der drei langhaarigen Bandmitglieder auf Vorderseite und Innenhülle;
– eine nochmal separat eingeschweißte Doppelplatte namens »Becoming Motorpsycho: Juvenilia, Oddities And Artefacts From The Vaults, 1990–1993«, die einen bunten Strauß an Oldies und Goldies aus den Anfangsjahren der Band enthält und die es so bislang noch gar nicht gibt: mit Klappcover und Innenhüllen aus silbrigem Karton mit quasi durchgehenden Mittellöchern, die aber von auf der Einschweißfolie klebenden großen runden Aufklebern verdeckt werden, mit den nicht zufällig an »Demon Box« erinnernden Kinder-Gekrakel-Grafiken von Kim Hiorthøy, der die ersten Jahrzehnte fast alle Platten der Band gestaltet hat, und mit weiteren von Wizz Art stammenden Lobotomizer-Logo-Varianten auf den Labeln, mit allen Songs von einer alten Single namens »3 Songs For Rut«, die zum Teil auf der o.g. CD gelandet sind, mit einem Song einer Split-Single, mit seltenen Compilation-Beiträgen und Ton-Spuren von alten Videos, mit gänzlich unveröffentlichten Songs aus den »Demon Box«-Sessions und mit bereits auf der dazugehörigen Deluxe-CD-Box enthaltenen Auszügen aus den »Rut«- und »Soothe«-Sessions, die zum Teil schon Songs enthalten, die erst auf »Timothy’s Monster« erscheinen werden, nur in etwas anderem Arrangement und in etwas rauherer Aufnahme.
Staubiger alter Schweine-Rock für langhaarige Jeans-Westen-Träger. Aber trotzdem richtig gut. Nicht immer so geradeaus runtergestiefelt, wie man denken könnte, sondern hinreichend abwechslungsreich, ohne sich dabei in hippieske Progrock-Eskapaden oder verkopfte Experimente zu verlieren. Und immer mit der nötigen Menge an Schwermut oder Schwerfälligkeit, um auch der Partytauglichkeit zu entgehen.
Aber auch folkrockiger Akustik-Kram mit Klampfe und Banjo und erste vorsichtige Abstecher in die poppigeren Indie- und Alternative-Bereiche.
Den psychedelischen Schriftzug des Debut-Albums hatte ich mir in meiner T-Shirts-selber-bemalen-Phase ja auch mal auf ein grünes Long-Sleeve-Shirt gepinselt. Fand ich total cool. Ach ja, hatte ich ja schonmal erwähnt.
Alles jedenfalls in vollem Umfang und in originalem Artwork – sofern Originale existieren. Mit neuen Katalog-Nummern freilich. Aber außer der Kiste drumrum nichts zusätzliches drin: keine Heftchen mit Fotos zum Angucken, keine langen Essays und Erinnerungsschreiben zum Schwelgen, keine Poster zum An-die-Wand-hängen, keine Gimmicks zum Rumzeigen. Keine Downloads. Naja. Sollen wir mal froh sein, dass wir die alten Scheiben überhaupt nochmal in nicht nur originaler, sondern sogar überarbeiteter, also verbesserter Qualität in die Finger kriegen.
Tracks
- Lobotomizer
- Grinder
- Hogwash
- Home Of The Brave
- Frances
- Wasted
- Eternity
- TFC
- Lighthouse Girl
- Sister Confusion
- The Wait
- Step Inside
- … We All Float Down Here …
- California Dreamin’
- Have Fun
- Loaded
- Some Real Mindfuck
- California Dreamin’
- We All Float Down Here Too!
- Into The Sun
- Blind Eyed God
- Sunchild
- Mason’s Children
- Babylon
- Come On In
- Mad Sun
- Cherry Red
- You Gave It All Away
- The Sift
- The Golden Core
- Come On In
- Demon Box